Und wann kommst du?

Anke Huber, © Felix Groteloh

Anke Huber aus Freiburg im Breisgau senkt mit 34 Jahren den Altersdurchschnitt der AGD und betreut deren Facebook-Kanal. Sie ist im neunten Jahr selbstständig als Grafikdesignerin mit den Schwerpunkten Corporate Design, Webdesign, Editorial-Design – und eben Social Media.

Christina Sahr im Gespräch mit Anke Huber

Anke, du hast die Facebook-Kommunikation für die AGD unter deine Fittiche genommen. Seit wann? Und wie kam es dazu?
Seit gut einem Jahr bin ich als Beraterin für Social Media tätig, sowohl für die Geschäftsstelle als auch für die Mitglieder. Und das kam so: Ich war letztes Jahr, 2018, bei der Mitgliederversammlung in Essen dabei; das war tatsächlich auch die erste Mitgliederversammlung, der ich beigewohnt habe. Mir ist aufgefallen, dass auf den Social-Media-Kanälen nicht wirklich viel dazu stattgefunden hat: Nicht zu der Mitgliederversammlung, auch nicht zu dem tollen, vorgelagerten Event. Als sich die Gelegenheit bot, habe ich direkt in der großen Runde gefragt: »Warum ist die AGD kaum präsent auf diesen Kanälen?« Im Vorfeld tauchte ja die Frage auf: »Wo bleiben denn diese jüngeren Mitglieder? Wir brauchen mehr davon.« Im Umkehrschluss muss man aber auch auf den Kanälen aktiv sein, auf denen die jüngere Zielgruppe zu Hause ist. Nicht allzu lange danach kam dann der Anruf von Victoria: »Wir haben uns das mal durch den Kopf gehen lassen, du hast da nicht unrecht, wie wär’s, wenn du uns ein bisschen unterstützen würdest?« Und das habe ich dann auch getan. Es macht mir Spaß, und es ist auch ein stetiges aneinander Wachsen; es lernen ja immer beide Seiten. Für mich ist der Einblick in die Verbandsarbeit neu und spannend, und natürlich fühle ich mich sehr geschmeichelt, dass ich so eng mit der Geschäftsstelle und dem Vorstand arbeiten darf und ich und meine Erfahrung so wertgeschätzt werden.
Was konkret sind deine Aufgaben und was die Ziele?
Zuerst stellte sich die Frage: Wo fängt man an? Zum einen ist da die Geschäftsstelle, die Support braucht, und zum anderen sind da die Mitglieder, die Beratung verdienen. Einige Mitglieder sind noch gar nicht auf diesen Kanälen aktiv. Wie bekommt man sie dazu, Social Media für sich zu nutzen – für sich selbst und für ihre Kunden? Für die Geschäftsstelle habe ich als erstes einen Grundlagen-Workshop in Berlin gemacht. Dabei haben wir uns gemeinsam überlegt, wie die Allianz deutscher Designer – losgelöst von meiner Person – auf verschiedenen Kanälen, konkret auf Facebook und Instagram, langfristig aktiv sein kann.

Dialog statt Monolog

Nenn doch mal ein Beispiel. Was konkret könnte die AGD von Aktivitäten auf Facebook oder Instagram haben? Was sind die Ziele?
Die Zielgruppe ist dort. Man möchte junge Mitglieder ansprechen, man möchte ihnen den Content – hochwertigen Content, professionelle Inhalte sind ja da – zeigen, sie auf diesem Weg auch auf die Website bringen.? Auf Facebook besteht zudem die Möglichkeit, mit der Zielgruppe direkt zu interagieren. Und das in Echtzeit. So lässt sich sehr schnell feststellen, was die Zielgruppe braucht, was sie interessiert, was nicht, was sie emotional bewegt oder gar aufregt. Das ist wie eine sehr kostengünstige Marktstudie – und das ist meiner Meinung nach einer der! großen Benefits von Social Media. Auf diesem Weg ist es möglich, sehr nahe an seine Zielgruppe zu kommen, um eigene Produkte zu testen und dann entsprechend nachzujustieren. Beispielsweise lässt sich so herausfinden, wie ein Wording oder ein Design ankommt, bevor die Kampagne startet.
 Wie funktioniert das? Zunächst einmal ist es wichtig, den Kanal regelmäßig zu füttern, um eine gewisse Reichweite aufzubauen. Zu Beginn müssen aber erstmal die Grundlagen dafür geschaffen werden. Das sind zum einen ganz banale, technische Einstellungen. Bei der AGD habe ich beispielsweise die Facebook-Seite aufgeräumt und als offizielle Seite registrieren lassen. Es ist wichtig für einen Verband, dass er offizieller Absender ist. Zum anderen haben wir gemeinsam Content geschaffen. Hierbei gilt es ein paar Dinge zu beherzigen: Versuche Monologe zu vermeiden, sondern gehe in den Dialog mit deiner Zielgruppe. Also nicht »Ich sitze gerade im Biergarten und trinke ein Bier.« Vielleicht klickt dann jemand »gefällt mir«, und das war es dann auch mit der Interaktion. Der fortgeschrittene User postet ein Bild von Biergarten, dem Bier und schreibt darunter »Und wann kommst du?« Aufforderung, Call to Action, Anregung zum Dialog. Dann findet Interaktion statt, Facebook merkt, dass da relevanter Content ist, und spielt den Beitrag im Newsfeed weiter nach oben. Das wiederum führt dazu, dass mehr Leute den Beitrag sehen, liken, teilen und dem Verfasser folgen.
Gibt es auch Regeln für den Umgang mit unliebsamen Diskussionsbeiträgen? Das wird ja immer mehr zum Thema.
Die wichtigste Regel dabei: nichts löschen. Auch wenn dir etwas wirklich auf die Nerven geht. Löschen ist der Social-Media-Tod. Besser ist der Versuch, eine aufgeheizte Diskussion herunter zu kühlen und auf einen anderen Kanal lenken, beispielsweise so: »Das Thema scheint dir sehr wichtig zu sein. Wir können gerne persönlich darüber sprechen, ruf uns an, wir sind für dich da.« Und es ist wichtig – nicht nur bei unliebsamen Beiträgen – dass sich alle, die an der Seite arbeiten, eine einheitliche Sprache sprechen: »Du« oder »Sie« in der Ansprache, welche Informationen werden über diesen Kanal geteilt, welche Angebote werden offeriert etc. Wie auf allen anderen Media-Kanälen gilt auch hier: Beware of the Corporate Behavior.

Authentisches Design

Und was ist mit dem Corporate Design? Braucht die AGD nicht einen perfekt gestalteten Facebook-Auftritt? 
Ja und Nein. Der Facebook-Auftritt sollte natürlich nicht so aussehen, als hätte man das Titelbild in Word gebastelt, aber es sollte auch alles nicht zu perfekt sein. Facebook soll leben: Es darf gern mal ein Handy-Foto hochgeladen werden von irgendeiner Veranstaltung, das dann nicht mordsaufbereitet ist. Das macht das Ganze authentisch, das ist wichtig, weil es glaubwürdig ist. Hier merkst du: Da sind wirklich Menschen dahinter. Aber natürlich muss auch immer aufbereiteter Content dazu; die Mischung macht’s.
Die erste Kampagne, die wir für die AGD auf Facebook gestartet haben, war die für die Workshop-Reihe »Design macht: Business«. Die Beiträge wurden auf Facebook geteilt, die Interaktion konnte so organisch wachsen, der Beitrag wurde aufgrund der gewachsenen Reichweite von Facebook weiter nach oben gespielt. Dann konnten wir ihn bewerben und so weiter pushen. Und tatsächlich: Wir können heute schon die Erfolge sehen, unsere Reichweite ist inzwischen deutlich gewachsen. Da ist natürlich noch ordentlich Luft nach oben. Wir arbeiten daran.
Wenn du König von Deutschland wärst und Geld und Zeit spielten keine Rolle: Was könntest du dir im Bereich Social Media noch für die AGD vorstellen?
Als nächstes sollte Instagram folgen. Das ist ja ein sehr visuelles Tool, und wir sind alle visuelle Menschen in diesem Verband. Da ist es nur naheliegend, dass die AGD auch auf diesem Kanal präsent ist. Dazu muss ich nicht mal Königin von Deutschland sein, denn ich habe eine Idee, wie wir diesen Kanal bespielen können, ohne dafür eine Vollzeitstelle zu besetzen: Die Mitglieder der AGD bilden den Content. Das kann so aussehen: Mitglieder, die Lust dazu haben, dürfen den AGD-Instagram-Channel eine Woche lang betreuen, ihre eigenen Werke hochladen, uns mitnehmen in ihren Alltag und zu ihren Kunden. Natürlich wird das dann deutlich gekennzeichnet: AGD by XY. Auf diese Weise bekommen wir Einblicke in den Alltag unserer Mitglieder und Kollegen – was ich persönlich echt besonders spannend fände – und bieten ihnen zugleich eine Plattform, um sich zu präsentieren. Das Signal finde ich dabei schön: Wir alle sind die Allianz deutscher Designer. Für den richtigen Umgang mit dem Kanal wird es einen kleinen Leitfaden mit Do’s und Dont’s geben, anschließend ist es im Wesentlichen eine Frage der Koordination.
Wenn wir das so machten, bräuchte es tatsächlich nicht viel Geld, und ich müsste nicht Königin von Deutschland werden. Zum Thema Zeit: Ich koordiniere im Social-Media-Bereich mit meinem Lieblings-Tool: planoly. Es gibt auch weitere, ich komme hiermit einfach sehr gut zurecht.

Social Media als Designer’s Chance

Nutzt du die auch bei der Arbeit für deine Auftraggeber?
Ja. Ich halte mir einen Tag in der Woche frei, an dem ich den Content für die nächste Woche plane und herstelle – für meine Auftraggeber und für meine eigenen Projekte. Dieser wird dann terminiert und automatisch von der App gepostet. Natürlich posten ich oder der Kunde selber immer noch spontan in time, wenn es sich so gerade ergibt. Aber ich habe nicht mehr das Gefühl, dass ich 24/7 am Tag vor dem Instagram-Kanal meines Kunden sitze.
Wie denkst Du, wird Social Media die Arbeit der Designer verändern?
Social Media hat ja schon unsere Arbeit verändert. Und auch die Wertschätzung. Denn weil alles sehr schnelllebig geworden ist, vergessen Kunden gern, dass jeder Gestaltung eine konzeptionelle Arbeit vorausgeht.  Die Facebook-Seite ist zwar in 2 Minuten erstellt, aber eben nicht entwickelt. Prinzipiell frage ich mich vorab aber immer: Muss mein Kunde wirklich auf allen Social-Media-Kanälen präsent sein? Das ist nicht immer und für alle der Fall. Doch wenn ja: Was will und kann der Kunde damit erreichen? Ich muss hier also stärker in die Rolle des Beraters schlüpfen. Die Beratungsarbeit und die konzeptionelle Arbeit machen inzwischen den Löwenanteil aus, auch finanziell.
Hast du Tipps für die Kollegen, wie sie soziale Medien für sich nutzen können?
Social Media bietet eine gute Plattform, um sich selber zu präsentieren und die eigene Marke zu positionieren. Zur Erstellung seiner eigenen Social Media Präsenz ist es auch hilfreich, mal einen Kollegen mit einzubeziehen – wir kennen das ja alle von der Erstellung einer eigenen Homepage: Es ist schwer, für sich selber zu gestalten. Und apropos Dialog: Gruppen sind ja aktuell auf Facebook ein großes Thema. Hier kann man sich im geschützten Rahmen unter Kollegen austauschen und Facebook als Interaktions-Tool nutzen. Und nicht zuletzt: Hat man sich die entsprechenden Skills erst einmal angeeignet, kann Social Media Design ein weiterer Teil des eigenen Portfolios werden.

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