Kamingespräch mit Ministerin Andrea Nahles

Die Ministerin hatte im Vorfeld eines Themenlabors „Soziale Sicherung von Solo-Selbstständigen“ im Oktober einen kleinen Expertenkreis zum Kamingespräch geladen.

Zwölf Vertreter von Verbänden, Initiativen und Gewerkschaften sowie Soloselbstständige waren zu einem offenen Dialog eingeladen worden und sind dieser Einladung gern gefolgt. In einer sehr offenen und konstruktiven Atmosphäre tauschte man sich über die unterschiedlichen Anliegen und Bedürfnisse der Selbstständigen in den verschiedenen Branchen aus. Die Ministerin hörte interessiert zu, brachte ihre eigenen, außerordentlich fundierten Ideen und Gedanken ein und überzeugte darüber hinaus auch durch eine klare Haltung bei den entscheidenden Fragen.

Andrea Nahles aus der Nähe betrachtet: Die Ministerin hat Humor, bringt die Runde mit ihren Bemerkungen immer wieder zum Lachen, kabbelt sich scherzhaft mit Benjamin Mikfeld, dem Chef der Abteilung 1, der laut Nahles für „das Visionäre“ zuständig ist. Es herrscht also eine offene Gesprächsatmosphäre, die viele Teilnehmer positiv überrascht. Sie nahm sich 90 Minuten Zeit für das Gespräch.

Eröffnungsstatement: Um diese Themen geht es Nahles

Die Ministerin benennt in ihrem Eröffnungsstatement die Themen, die sie mit uns diskutieren möchte: Alterssicherung, Krankenversicherung, faire Vergütung, überraschenderweise auch das Thema betriebswirtschaftliche Beratung von Gründern. Bei der Alterssicherung gebe es Indikatoren, die auf eine mangelhafte Vorsorge eines Teils der Selbstständigen schließen lassen, das könne sie belegen. Deswegen brauche es entweder eine Altersvorsorge-, Rentenversicherungspflicht oder Vergleichbares. Was am besten sei, prüfe man noch. Das alles fließe in ein Renten-Gesamtkonzept ein.

Zum Thema „Faire Vergütung“ habe es Überlegungen zu einem Mindesthonorar für Selbstständige gegeben, was aber an EU-Hürden scheitere. Sie sympathisiert hier ausdrücklich mit einem unserem VTV Design vergleichbaren Tarifvertrag. Das hat uns etwas überrascht, aber nicht unglücklich gemacht, solange sie hier nicht ausschließlich die Gewerkschaften als Tarifpartner sieht.

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Foto: Rolf Höfert

 

Öffentliche Hand Demnächst mit gutem Beispiel vorangehend?

 

Wir kennen es nur zu gut. Gerade die öffentlichen Auftraggeber zahlen Vergütungen, die zum Leben zuwenig und zum Sterben zuviel sind. Wir waren schon überrascht, dass dies in der Runde so offen zur Sprache kam. Noch beeindruckter waren wir, dass Frau Nahles dies sofort verstand und sich einer entsprechenden Vereinbarung, Verpflichtungserklärung oder Ähnlichem aufgeschlossen zeigte.

Rentenpflicht

Dann kamen wir doch noch auf das Thema, das alle erwartet hatte(n), die Rentenversicherungspflicht für alle. Dass hier Handlungsbedarf besteht, lässt sich angesichts der steigenden Zahl Solo-Selbstständiger, die in den Ruhestand gehen und „aufstocken“ müssen, um wenigstens die Grundsicherung zu erhalten, nicht wegdiskutieren. Das stellte auch in der Runde niemand in Frage. Über das „Wie“ hingegen lässt sich bis auf Weiteres trefflich streiten. Da gingen auch die Meinungen im Raum auseinander. Für uns wünschenswert wäre eine Art Schulterschluss der Selbstständigenvertreter, die bei dieser Gelegenheit kennenzulernen, eine wirkliche Bereicherung darstellt. Was sich abzeichnete, ist eine allgemeine Akzeptanz, dass eine Pflicht zur Altersvorsorge geben soll. Soll es eine Rentenversicherungspflicht geben, müssen künftig auch Beamte und Politiker in die Kassen einzahlen – der Glaubwürdigkeit und Akzeptanz auf möglichst breiter Linie wegen.

Fazit

Es war eine gelungene Veranstaltung, schon allein deshalb, weil die Ministerin sich mit den Selbstständigen-Vertretern getroffen hat. Das Treffen war über weite Strecken geprägt von dem Willen, eine gemeinsame, konsensfähige Lösung für so drängende Fragen wie faire Vergütung und Alterssicherung zu finden, die dem gut verdienenden Softwareentwickler genauso gerecht wird wie dem unfair bezahlten Mikrojobber. Weitere Stimmen dazu findet der geneigte Leser auf der Seite des VGSD, der diese eingesammelt und veröffentlicht hat.

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