Das neue Verpackungsmittelgesetz (VerpackG)

eine Herausforderung an Designer*innen

Am 1. Januar 2019 tritt das neue Verpackungsmittelgesetz (VerpackG) in Kraft. Ich möchte darum kurz aus Designer*innensicht auf das neue VerpackG eingehen. Dazu habe ich einige gekürzte Stellen aus dem Gesetzestext genommen, in denen die Reichweite (alle Verpackungen) und die neuen Rahmenbedingungen für das Design beschrieben werden.

Also, was steht drin?

Das Gesetz gilt für alle in Deutschland in Verkehr gebrachten Verpackungen.
Und alle bedeutet

  • Verkaufsverpackungen (B2C oder B2B),
  • Umverpackungen (B2C oder B2B),
  • Serviceverpackungen (nur B2C),
  • Versandverpackungen (B2C oder B2B),
  • Transportverpackungen (nur B2B).

Es gibt auch etliche Ausnahmen, wie zum Beispiel Wursthäute, Feuerlöscher, Grablichtbecher (Behälter für Kerzen) …

Im § 4 VerpackG werden die allgemeinen Anforderungen an Verpackungen festgelegt.
Zitat aus dem Gesetzestext:
»Verpackungen sind so herzustellen und zu vertreiben, dass

  1. Verpackungsvolumen und -masse auf das Mindestmaß begrenzt werden […].
  2. ihre Wiederverwendung oder Verwertung möglich ist und [dabei] die Umweltauswirkungen […] auf ein Mindestmaß beschränkt bleiben;
  3. bei der Beseitigung von Verpackungen oder Verpackungsbestandteilen auftretende schädliche und gefährliche Stoffe und Materialien in Emissionen, Asche oder Sickerwasser auf ein Mindestmaß beschränkt bleiben;
  4. die Wiederverwendbarkeit von Verpackungen und der Anteil von sekundären Rohstoffen an der Verpackungsmasse auf ein möglichst hohes Maß gesteigert wird, […].«

Weiterhin bezieht sich § 21 auf die ökologische Gestaltung von Verpackungen in Bezug auf die Beteiligungsentgelte[¹]. Es sind Anreize zu schaffen,
»[…] um bei der Herstellung von […] Verpackungen

  1. die Verwendung von Materialien und Materialkombinationen zu fördern, die unter Berücksichtigung der Praxis der Sortierung und Verwertung zu einem möglichst hohen Prozentsatz recycelt werden können, und
  2. die Verwendung von Recyclaten [sic] sowie von nachwachsenden Rohstoffen zu fördern.«

Was bedeutet das jetzt konkret?

Als erstes wir müssen uns damit positiv auseinandersetzen. Das heißt, aus der Gesetzerfüllungspflicht eine Herausforderung für unsere Arbeit zu machen, eine Chance für unser nachhaltig kreatives Gestalten zu begreifen. Also nicht passives Reagieren sondern aktives (Mit-)gestalten.

Zweitens sollten wir uns über die von uns vorgeschlagenen Materialien, ihre Auswirkungen auf die Umwelt, ihre Rezyklierbarkeit klar sein, Gewicht und Volumen optimieren und nach Lösungen für die Wiederverwertbarkeit suchen. (Wer kennt noch den Senf in Trinkgläsern, das 2,5-kg-Pflaumenmus im Steinguttopf …)

Und drittens kann man mit dieser Haltung und diesem Wissen auch neue Kunden ansprechen oder mit bestehenden Kunden neue Projekte initiieren.

Und wir haben auch gute neue² Argumente. Da die ökologische Gestaltung das Beteiligungsentgelt bei den dualen Systemen maßgeblich bestimmen soll (finanziell bevorzugt über Anreizsysteme), werden neue nachhaltige, ressourcensparende, gut rezyklierbare, aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellte Verpackungen auch zur Kostenreduzierung beitragen. Da sollten die Auftraggeber doch mal in nachhaltiges Design investieren.

Bist du der Erste und allein?

Nach Auskunft eines Papierherstellers ist beim Verpackungsdesign in der letzten Zeit die Tendenz zu einfachen Papieren, wie Mikrowellpappen, Graupappen und Kraftpapiere,³ auch für hochwertige Produkte zu beobachten. Aufgewertet werden diese Verpackungen durch Veredelungen, Lacke und Prägungen und/oder über Banderolen aus Feinstpapier.

Wir, das sind meine Kollegen von zappo und ich, hatten vor einiger Zeit schon eine CD-Verpackung aus Plastik (Polystyrol, Jewelcase für 6 CDs) durch Chromosulfatkarton ersetzt. Das Ergebnis war eine Reduzierung des Gewichts und eine attraktivere Verpackung (Bild oben).

Orientierung gibt auch weiterhin die »Charta für nachhaltiges Design« der AGD und das »Oslo Manifesto«. Solltest Du eine direkte Frage haben, so stehen im AGD-Netzwerk kompetente Kollegen bereit.

Kritik gibt es auch

Nach Ansicht des Umweltbundesamts (UBA) erfüllt das neue Verpackungsmittelgesetz nicht alle ökologisch drängenden Anforderungen (keine einheitlichen Regeln für die Sammlung von sogenannten stoffgleichen Nichtverpackungen in Wertstofftonnen), schreibt aber höhere Recyclingquoten vor und hat, wie oben schon beschrieben, einen direkten Auftrag an die Designer.

Weitere Kritiker werden folgen. Weitere Änderungen und Präzisierungen werden folgen.
(Siehe auch den Beitrag von Annemieke.)

In diesem Sinne, auf zu nachhaltigeren Verpackungen?
Euer Christhard »Otto« Landgraf

PS vom 3. April 2019:

Einen Vortrag zu weiteren Aspekten von Verpackungen, Nachhaltigkeit und Design habe ich am 1. April gehalten. Die Vortagscharts dazu sind im Downloadbereich verfügbar.

¹ Beteiligungsentgelt kennen wir vom Grünen Punkt. Es zeigt an, dass der Hersteller/Inverkehrbringer der Verpackung am dualen Sammel- und Verwertungssystemen teilnimmt. Dafür ist ein Entgelt zu entrichten.
² Das Design zur Wertschöpfung in Unternehmen beiträgt, hat sich an manchen Stellen, bei manchen Auftraggebern schon rumgesprochen.
³ Alle Materialien haben einen hohen Anteil an Altpapier. Ihre Rezyklierbarkeit ist sehr gut und die -quote liegt bei ca. 80 Prozent.

Weiterführende Links:

https://www.verpackungsgesetz.com/ der ganze Text mit Erklärungen (inkl. »Das Gesetz in 60 Sekunden …«)
https://verpackungsgesetz-info.de/ der ganze Text mit Erklärungen
https://www.umweltbundesamt.de/themen/neues-verpackungsgesetz

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