Design-Wettbewerbe: Profilierung oder erkauftes Profil?

Ob und wann sich die Teilnahme lohnt.

Wettbewerbsteilnahmen sind Auszeichnung durch die namentlich bekannte, manchmal namhafte, Jury und Vermarktungswerkzeug zugleich. Neben einer Teilnahmegebühr, die das Prozedere der Jurierung abdecken soll, wird bei Erfolg oft auch ein weiterer Betrag für die Veröffentlichung in der Wettbewerbs-Publikation fällig. In der Folge erstellen Fachmagazine Rankings – allerdings nur von den größeren Wettbewerben, wie ADC, DDC, Corporate Design- Peis, Cyber Lion, 100 beste Plakate, iF, red dot oder TDC. Wer sich intensiv beteiligt und gewinnt, hat Aussicht auf einen guten Platz im Ranking. Wer sich also die Investition in Wettbewerbsteilnahmen spart, taucht dort überhaupt nicht auf.

Die zum Teil erheblichen Kosten, die auf Nominierte und Gewinner zukommen können, haben unter anderem den „Designpreis der Bundesrepublik Deutschland“, den der Rat für Formgebung bis 2011 durchführte, in die Kritik gebracht. Das Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi) hat übrigens mittlerweile auf die 2006 von Juli Gudehus losgetretene Kritik am deutschen Designpreis reagiert und lässt ihn 2012 erstmals von der DMY Berlin GmbH & Co. KG durchführen. Weiterhin ist eine Teilnahmegebühr gefordert, die kostenfreie Veröffentlichung anschließend findet ausschließlich auf dem DMY International Design Festival und online statt.

Vorsicht bei offenen Entwurfs-Wettbewerben

Praktisch so alt wie unser Beruf ist das leidige Thema der offenen Entwurfswettbewerbe. Ihre Initiatoren preisen vollmundig die Großzügigkeit der in Aussicht gestellten Preise sowie die Chancen auf Ruhm und Ehre für die Gewinner an. Es sind vor allem die Neulinge der Branche, die auf die wilden Versprechungen hereinfallen. In der Hoffnung, sich einen Namen zu machen, werfen sie ihre Ideen überall dort in den Ring, wo sich vermeintlich eine Chance bietet – und die Zahl offener Wettbewerbe, die einseitig zugunsten der Veranstalter stattfinden, nimmt immer mehr zu. Die AGD lehnt solche offenen Wettbewerbe grundsätzlich ab. Ebenso wie die ihnen artverwandten Pitches ohne Vergütung oder Online-Plattformen, auf denen Designer mit fertigen Entwürfen um die Gunst von Auftraggebern buhlen sollen. Die AGD steht dabei bei weitem nicht allein mit ihrer Kritik und Ablehnung offener Wettbewerbe: Künstler- und Berufsverbände, wie der Art Directors Club of New York (ADC NY) prangern seit vielen Jahren das unzumutbare Risiko dieser Wettbewerbsform an.

Fair geht vor

Ein Mangel an finanziellen Möglichkeiten darf nicht länger als Entschuldigung für offene Wettbewerbe durchgehen. Wer nicht genügend Geld für einen fairen Wettbewerb hat, der sollte auch keinen veranstalten. Unternehmen, Institutionen und Vereine sind also aufgefordert, stattdessen beschränkte oder geladene Wettbewerbe auszuloben. Sie vermindern das Risiko für die Teilnehmenden erheblich: Einerseits durch die geringe, überschaubare Zahl der eingeladenen Mitbewerber und andererseits durch eine Vergütung für die Beteiligung, welche zumindest den Arbeitseinsatz deckt, auch wenn man nicht zu den Preisträgern gehört. Zweistufige Verfahren, in denen sich Designerinnen und Designer zunächst ohne Beschränkung mit Arbeitsproben bewerben können, sind eine praktikable Variante.

(Heide Hackenberg)

Heide Hackenbergs Ratschläge für Designer und Wettbewerbsveranstalter:

  1. Als selbstständiger Designer, der sein Geld mit realen Aufträgen verdient, sollten Sie wegen des unzumutbaren Risikos verzichten.
  2. Wer sich zu dieser Enthaltsamkeit, die allen zugutekommt, nicht durchringen kann, sollte sich aber nur dann beteiligen, wenn die Wahrung der Rechte garantiert ist und Kosten und Dotierung in einem angemessenen Verhältnis stehen.
  3. Designer und Veranstalter sollten sich stärker als bisher der auch für sie vorteilhaften Möglichkeit beschränkter Wettbewerbe bedienen. Für Newcomer empfehlenswert – da erschwinglich und nicht allzu stark frequentiert – sind die regionalen Design-Wettbewerbe der Länder sowie Ausschreibungen mit geringen oder gar keinen Einreichgebühren wie der aktuelle Nachwuchs-Wettbewerb der IKEA-Stiftung.

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