BAGSV-Polittalk mit Markus Kurth von den GRÜNEN

Im Mittelpunkt eines ganztägigen Workshops der BAGSV am 11. März 2019 in Berlin stand der Besuch und die Diskussion mit Markus Kurth, dem rentenpolitischen Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. Thema war das immer drängender werdende Problem der »Scheinselbstständigkeit«.

Es ist das Thema, das die 25 in der BAGSV kooperierenden Selbstständigenverbände im Moment umtreibt: die Rechtssicherheit für Selbstständige und ihre Auftraggeber in Bezug auf das Thema Scheinselbstständigkeit. Dabei geht es uns um zwei Dinge: das Recht auf Selbstständigkeit stärken und ein realistischeres und differenziertes, somit auch positiveres Image der Selbstständigen zu zeichnen und deren wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Beitrag zu verdeutlichen.

Klare Vorstellungen der Politik

Markus Kurth ist Obmann und Sprecher der Grünen im Bundestagsausschuss Arbeit und Soziales und war bereits 2017 einer der Initiatoren der Kleinen Anfrage seiner Fraktion, in der die teils gravierenden Schwachstellen in der Praxis des derzeitigen Statusfeststellungsverfahrens thematisiert wurden. Mit den Schwierigkeiten von Selbständigen in Sachen Statusfeststellungsverfahren und Scheinselbständigkeit ist er also bestens vertraut und kam daher ohne Umschweife zur Sache und stellte seine Ansätze für eine Neugestaltung des Statusfeststellungsverfahrens vor:

  • Die Honorarhöhe als entscheidender Indikator für ein Auftragsverhältnis als Selbständiger, zwingend oberhalb von Mindestlohn und Grundsicherung sowie vergleichbaren Angestelltengehältern mit ausreichend finanziellem Spielraum für Altersvorsorge. Dies wird von Gerichten in diversen Urteilen genau so gesehen.
  • Typisierung von Beschäftigungen und branchenbezogenen „Auftragsbildern“ anstelle einer auftragsbezogenen Einzelfallbetrachtung
  • Große Spannbreite bei Auftragsarten,-dauer und Honoraren, daher starke Rolle der Berufsverbände bei Festlegung branchenbezogener Auftragsbilder und Honorarsätze

In einer lebhaften Diskussion stellten die anwesenden Verbandsvertreter eine hohe Übereinstimmung mit den eigenen Lösungsansätzen fest. Insbesondere wiesen sie auf große Unternehmen hin, die grundsätzlich keine Aufträge mehr an Selbstständige vergeben. In der Folge etablieren sich verstärkt Geschäftsmodelle, in denen langjährig erfolgreiche Selbständige für die Projektlaufzeit in Arbeitnehmerüberlassung oder eine Festanstellung gedrängt werden. Dies ist in Zeiten von zunehmender Projektwirtschaft und New Work eine krasse Fehlentwicklung und steht im Widerspruch zum Grundsatz der Berufsfreiheit gemäß Grundgesetz § 12.

Lösungsvorschläge kamen auch aus der Runde

Die im Vorfeld des Arbeitstreffens in drei Webkonferenzen zusammengetragenen Forderungen und Lösungsansätze der Selbstständigen lesen sich so:

  • Honorarhöhe als primäres Kriterium für nicht schutzbedürftige Selbständigkeit. Bei Teilzeitbeschäftigung bzw. –auslastung ist eine Pro-Rata-Betrachtung sinnvoll
  • Abschaffung oder komplette Erneuerung des Statusfeststellungsverfahrens in seiner heutigen Form für nicht schutzbedürftige selbständige Experten und Führungskräfte
  • Beendigung der nachträglichen Betrachtung einzelner Aufträge. Stattdessen sollte eine Anerkennung des Selbständigenstatus im Sinne eines Positivbescheids erfolgen.
  • Ein anerkannter Status als Selbständiger könnte sowohl den beauftragenden Unternehmen als auch den selbständigen Experten und Führungskräften schnell und unkompliziert die geforderte Rechtssicherheit geben

Ergebnisse des Workshops und Follow Up

Die Arbeitsatmosphäre beim Workshop war wohltuend konstruktiv. Immer wieder fanden sich Anknüpfungspunkte bei beiden Ansätzen, die sich schnell sinnvoll weiterentwickeln ließen. Wahlkampfsprech und Partikularinteressen fehlten und wurden nicht vermisst. Das machte vieles leichter. Auch Markus Kurth nahm die vorgetragenen Vorschläge gern auf und hielt sie für eine bedenkenswerte Lösung.

In einem nächsten Schritt muss es nun darum gehen, die vorgetragenen Ansätze zu konkretisieren und den Dialog fortzusetzen. Markus Kurth hat dafür den Rahmen eines von seiner Fraktion organisierten Fachgesprächs im Bundestag vorgeschlagen.

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