Designvergütung und TTIP

Drei Fragen, die uns ein Professor der Hochschule Mannheim für seinen Vortrag auf der „International Trademark Conference at OHIM – Office for Harmonization in the Internal Market“ unlängst zum Thema Designvergütung nach dem VTV und TTIP stellte, und drei Antworten von AGD-Geschäftsführerin Victoria Ringleb darauf:

Der VTV Design ist bundesweit anerkannte Richtlinie für die Kalkulation von Designleistungen. Er beinhaltet neben Entwurfshonoraren auch die Kalkulation von Nutzungsrechten bis hin zum BuyOut. Meiner Beobachtung nach hat der VTV Design einen „eigentlich“-Charakter. Designer, wenn sie denn den VTV Design überhaupt kennen oder mit berücksichtigen, nutzen diesen als Diskussionsgrundlage für Verhandlungen mit dem Kunden. Im Sinne von „eigentlich müsste ich Ihnen meine Leistung und auch die Nutzungsrechte an dieser wie folgt in Rechnung stellen – ich vermute aber, Sie werden das nicht zahlen wollen/können…“ Meine Frage: Haben Sie Rückmeldungen – qualitativer oder quantitativer Art – wie Designer das Thema Honorierung von Nutzungsrechten bei ihren Auftraggebern a) verankern wollen und b) durchzusetzen vermögen?
a) Wie Designer mit dem Thema „Nutzungsrechte“ umgehen, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab.
a1) von der Designdisziplin: Die Einräumung von Nutzungsrechten/Lizenzierung ist im Produkt- oder Fotodesign üblicher und damit weniger diskutabel als zum Beispiel im Grafikdesign.
a2) von der erbrachten Leistung: Nutzungsrechte an Fotografien sind Standard, ein speziell beauftragtes, maßgeschneidertes, bestenfalls ko-kreativ entwickeltes Corporate Design zur unter Umständen eingeschränkten Nutzung zu überlassen, ist schwer vermittelbar.
a3) vom Kunden: Für Verlage, Designagenturen u. Ä. ist der Umgang mit Nutzungsrechten Alltag. Entsprechend gering ist der Diskussionsbedarf.
b) Entsprechend divers sind die Strategien, die ausdrückliche Einräumung von Nutzungsrechten bei Auftraggebern zu verankern, sie mit ihm zu verhandeln. Geht es um ein maßgeschneidertes Corporate Design, sind die zur angemessenen Nutzung des Designwerkes eingeräumten Nutzungsrechte zum Beispiel in den entsprechend höheren Stundensatz einkalkuliert. Geht es um den Entwurf eines Produktes, werden die Nutzungsrechte über die Einräumung der Lizenzen abgegolten. Ähnlich wird bei Fotografien verfahren. Im Bereich der Verhandlung von Nutzungsrechten reicht das Spektrum von „Das bringe ich gar nicht zur Sprache, kalkuliere mit einem entsprechend höheren Stundensatz und weise die Nutzungsrechte als inkludiert aus“ bis hin „Inzwischen habe ich auch den letzten Kunden so weit, Nutzungsrechte zu verstehen und für sie anstandslos zu zahlen“. Gern wird auf die monetäre Abgeltung der Nutzungsrechte verzichtet zugunsten eines Vertrages über weitere Beauftragungen in Höhe von xxxx EUR. Welcher der möglichen Fälle in dem Kontinuum zum Tragen kommt, hängt von einigen Faktoren ab, die vom Designer nicht (immer) beeinflusst werden können. Den von Ihnen geschilderten Fall kennen wir durchaus und haben ihm im aktuellen VTV Rechnung getragen, indem wir die Leistungskalkulation mit den unterschiedlichen Nutzungsfaktoren aus dem Tabellenwerk herausgenommen und die vielfältigen Möglichkeiten, ein Designwerk zur Nutzung zu überlassen, beschrieben haben. Und etwas Anderes wollen wir damit erreichbaren: Die ausschließliche Fokussierung auf die Bezifferung zwei- oder dreidimensionaler Designwerke blendet den eigentlichen Mehrwert einer Designleistung weitgehend aus: den Designprozess. Um dem „ich vermute aber, Sie werden das nicht zahlen wollen/können…“ – race to bottom entkommen zu können, sollten Designer sich in ihren Verhandlungen eher darauf konzentrieren.
Kommunikationsdesigner leisten meiner Beobachtung nach gern etwas mehr über die tatsächlich honorierte Leistung hinaus.  Schon, um etwas wirklich vorzeigbares für ihre Mappe zu generieren. Sie denken eher in Kategorien wie „stimmiges Symbol“ oder „coole Marke“ als „profitables Trademark“.  Sie setzen ihre Leistung demnach eher in Bezug zur Ästhetik, als zum Marktwert des von ihnen entwickelten Zeichens.  Überspitzt formuliert: das ® ist für Kommunikationsdesigner eine reine Frage der Typografie. Dementsprechend gibt es auch keine Vereinbarungen, nach der Designer am monetären Erfolg eines Trademarks beteiligt werden. Solche Beteiligungen würden als mögliche Geste dem Unternehmen überlassen bleiben – etwa wie im legendären Fall des Nike-Swoosh, für den die Designerin nach Nike-Markterfolg zusätzlich zum 35-Dollar-Honorar noch Aktien geschenkt (sic!) bekam.
Meine Frage: Haben Sie zu diesem Themenfeld Erkenntnisse bzw. eine AGD–Haltung?
Das lässt sich so nicht verallgemeinern und greift auch zu kurz, wie ich meine. Angesichts des vielen mittelmäßigen bis schlechten Designs, mit dem wir regelmäßig konfrontiert sind, bin ich nur froh, dass noch ganz viele Kommunikationsdesigner der Ästhetik den ihr gebührenden Raum geben. Solche Dinge wie Beteiligung am Erfolg einer Trademark sind unter bestimmten Bedingungen sinnvoll und dann raten wir in unserer Beratung auch dazu:
1. Der fragliche Kunde kommt aus einer Wachstumsbranche (wie immer man Wachstum heutzutage definieren möchte) und lässt auf Großes hoffen in den Folgejahren. (Das im Gegensatz zu den Designern, die immer wieder von Start Ups gefragt, ob sie am Unternehmen beteiligt werden wollen, und dies besser lassen, weil wenig Grund zur Hoffnung besteht.)
2. Eine solche Beteiligung bedeutet Verzicht auf unmittelbare Einnahmen und damit Liquidität. Das muss in die Geschäftsplanung des Designers passen.
3. Eine solche Beteiligung setzt grundsätzlich eine gewisse Risikobereitschaft voraus. Die muss erst einmal vorhanden sein.
4. Sie bietet sich auch nur für solche Designprojekte an, die einen großen Bezug zur Marke, Strategie und Entwicklung des Unternehmens haben, also Projekte des strategischen Designs.
Zusammengefasst: Nein, Beteiligung am monetären Erfolg des Kunden ist nicht der Geste eines Unternehmens überlassen, sondern unter bestimmten Voraussetzungen eine zielführende Vergütung von Designleistungen.
Welche Position bitte bezieht der AGD im Themenfeld „TTIP Legal Property“.
Wo sind die Schmerzpunkte?
Wie lauten die Forderungen?
Hier möchte ich einschränkend zunächst darauf hinweisen, dass es sich bei der folgenden Stellungnahme um eine weitgehend persönliche Einschätzung handelt: Handelsabkommen sind eine gute Sache. Freihandel auch. Im besten Falle machen sie Menschen zufriedener und reicher, unser Leben vielfältiger und verhindern Krieg und Elend. Das gilt prinzipiell auch für TTIP und CETA. Abzulehnen sind sie daher nicht, weil wir demnächst Chlorhühnchen oder Genmais auf dem Teller haben. Abzulehnen sind sie aus anderen Gründen:
– Sie gefährden unsere Demokratie und ihre erprobten Mechanismen.
– Sie sind keine Handelsverträge alten Zuschnitts mehr, in denen Zölle beschlossen werden; sie befinden darüber, welche Daten wo wie lange gespeichert werden, sie legen die Lebensdauer von Patenten fest, sie legen (neuartige) juristische Mittel fest, von denen kein Mensch weiß, welchen positiven Beitrag sie zum Gemeinwohl und zum Rechtsstaat leisten. In diesem wunderbaren Artikel in der ZEIT finden Sie den nachdenklich stimmenden Satz: „(I)n den neuen Verträgen stimmt das Kleingedruckte nicht. Sie beschränken die Freiheit der Gesellschaften zu stark – vor allem die Freiheit, Fehler zu machen und sie dann zu korrigieren.“
Meine Forderung? Dass diejenigen, die TTIP und CETA verhandeln und ja offensichtlich ohne Abkommen nicht mehr leben können, sich ihrer neuen Verantwortung bewusst sind und entsprechend handeln. Und da setzt auch schon der Zweifel ein…
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