Der Autor sagt, sein Buch sei eine Biografie, der Leser meint, es ist ein Gute-Laune-Buch. Es ist ein liebevoll satirisches Buch. Christoph Niemann liebt es, seine Beobachtungen in kindlicher Ahnungslosigkeit zu machen, er gibt Dingen und auch Situationen eine andere Bedeutung.

Das beginnt schon auf dem leuchtend gelben Einband. Ein schlicht gezeichneter, nachdenklicher Mann malt mit der Spitze des Chrysler-Buildings von New York Kringel auf einen Spiralblock. Christoph Niemann ist Illustrator in Berlin, zuvor war er elf Jahre in New York, wo er mit seinen Arbeiten für die New York Times und den New Yorker bekannt wurde. In Deutschland sind seine Arbeiten auf den Titeln der FAZ, den Magazinen der Süddeutschen Zeitung und Die Zeit zu sehen. Nun haben wir seine Werke in Buchform vor uns.

Christoph Niemann fängt die Banalität alltäglicher Erlebnisse ein, überhöht sie in einer vereinfachend distanzierten Sachlichkeit und entdeckt dabei Gutes und Witziges in ihnen. Das ist positive Lebensbewältigung in Reinform. Er reicht uns seinen beliebig verlängerbaren Arm, greift in unseren klebrigen Alltag und holt uns auf seine Ebene, die zur gemeinsamen Plattform wird, von der aus wir uns in größter Offenheit austauschen und über alles lachen können.

Mit seiner herrlich ironisierenden Pseudowissenschaftlichkeit schafft Christoph Niemann die Gleichstellung von innerer Blockade und Krümelmenge. Seine witzige Art nutzt sich nicht ab. Auch beim dritten Lesen ist das Vergnügen am Buch ungebrochen. Wie er mit Lego-Steinen den Sonnenuntergang über dem Hudson-River darstellt, mit Keksteig seine Version der Schöpfungsgeschichte „…und ich schuf Peinlichkeit“ oder mit Herbstblättern den Unterschied zwischen Feinripp- und Boxer-Shorts klarstellt – das hat was! Er beginnt mit einer naiven Strichmännchen-Malerei und bleibt der Einfachheit in großer Stilvielfalt treu. Mit Zeichnungen, Fotos und Collagen sagt er, was so bisher noch keiner auszusprechen wagte: Zermürbendem und Bloßstellendem nimmt er die Schärfe und verwandelt meine Gefühle dazu in entzückte Zustimmung. Seine Fähigkeit zu spielen ist ansteckend. Gute Gedanken folgen ihm. Dennoch ist das Verhältnis zwischen Autor und Leser nicht unbelastet, das Buch wiegt nämlich ganze 475 Gramm – und ist auch damit echt pfundig.

(Regina Maxbauer)

Christoph Niemann: Abstract City – Mein Leben unterm Strich. Knesebeck-Verlag 2012, ISBN 978-3-86873-456-0, 19,95 €.