Die Mitgliederversammlung 2023 in Heidelberg hat zugestimmt, einen Rechtsfonds einzurichten für die finanzielle Unterstützung ausgewählter Streitfälle. 7 % aller Mitgliedsbeiträge, die Ende Februar eines jeden Jahres eingegangen sind, stehen als Etat zur Verfügung. Über die Verwendung dieses Etats entscheidet der Rechtsfonds-Beirat.
Anke Leucht, Nahuel Gerth, Herbert Popp, Ina Oakley, Sabine Goemann, Thomas Fels, Angela Kettler-Bott, Uwe Steinacker und Wiebke Christophersen sind seit einem halben Jahr in diesem Ehrenamt aktiv.
Dankeschön! – Warum macht ihr das?
«… der Rechtsfonds ist eine «super Geschichte» … es ist gut, für unsere Branche etwas Wegweisendes erstreiten zu können … Lust auf AGD-Arbeit und Ehrenamt … aus dem Wunsch heraus, Bauchgefühl und Praxis-Erfahrung einbringen zu können … Designer:innen verkaufen sich oft «unter Wert», also lohnt es sich, Fälle näher anzuschauen und den Wert rechtlicher Grundlagen zu kommunizieren … um mehr über «das Recht» zu lernen … der Grundgedanke ist richtig, daher der Wunsch, etwas beizusteuern … andere Branchen haben Gewerkschaften im Rücken, hier kann die eigene Branche unterstützt werden … um ein Signal an Designer:innen – vor allem auch an jüngere Designer:innen – auszusenden, die sich ihrer Rechte oft wenig bewusst sind»
Es gibt doch schon die Rechtsschutzversicherung von exali, mit der die AGD kooperiert?
Victoria Ringleb: Die Angelegenheiten, die im Rechtsfonds-Beirat verhandelt werden, sind näher dran am Berufsalltag als die Fälle, für die die Rechtsschutzversicherung zuständig ist.
Gibt es eine Vision?
Alexander Koch: Ein Ziel ist, in zwei bis drei Jahren einen «großen Fall» zu unterstützen, der bis zum BGH geht.
Victoria Ringleb: Ein Ziel ist die Revision eines Urteils des Bundessozialgerichts, das es Mode- und Produktdesigner:innen erschwert, sich über die KSK versichern zu lassen.
Zeit für einen Etappenbericht. Allein: Details zu den eingereichten Fällen und den Prozessen der Entscheidungsfindung können wir nicht veröffentlichen. Die Mitglieder des Beirats mussten eine Vertraulichkeitserklärung und eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen, so lange keine Unterstützungsvereinbarung vorliegt, bleiben die AGD-Mitglieder, die einen Antrag auf Unterstützung durch den Rechtsfonds eingereicht haben, anonym. Und deren Streitfälle geheim.
Wir können jedoch aufzählen:
- Acht Anträge zur Unterstützung durch den AGD-Rechtsfonds sind bis Mai 2024 eingegangen. Zur Einreichung mehr hier.
- Zwei Streitfälle werden durch das Votum des Rechtsfonds-Beirat unterstützt
- Drei Pläne wurden geschmiedet.
Nach welchen Gesichtspunkten entscheidet der Beirat, in welchen Fällen der Fonds finanzielle Unterstützung gewährt?
Im Workshop am 1. März 2024 in Berlin haben sich vier Aspekte herauskristallisiert, die eine Grundlage bilden zur Etablierung von Kriterien:
- Was hat der Fall für eine Bedeutung für die AGD und den Design-Beruf?
- Wie sind die Rechtskosten einzuschätzen und wie effektiv ist die Investition?
Die eingereichten Fälle sind angesiedelt auf den Themenfeldern:
- Was ist Geschmacksmuster – was ist Marke
- Ad-hoc-Nachvergütung
- Urheberrechtsanspruch und Nachvergütung
- Freizügige Bearbeitung eines Designs durch die Kund:innen
- Abmahnungen wg. Verwendung von urheberrechtlich geschütztem Material
Die Diskussionen pendeln und mäandern zwischen juristischer Einschätzung (Alexander Koch: «So einfach ist es nicht; Folgendes: …»), Nachfragen («Was stand denn nun in den AVG, das müssen wir wissen!»), Perspektiven, die aus der Berufserfahrung schöpfen. Ob unterstützend («Das passiert andauernd, das muss vor Gericht mal grundsätzlich ausgefochten werden.») – oder skeptisch («Wo die Vertragsgrundlage nachlässig formuliert worden ist, müssen wir nicht einspringen».) Unwägbarkeiten verlangen Geduld ab; etwa wenn Streitfälle «ruhen», eine gegnerische Partei oder eine Gutachter:in etwas länger brauchen für eine Stellungnahme.
«Wer vor Gericht ziehen will, muss pokern können», sagt unser Justiziar. Die Beiratsmitglieder sind, nachdem sie Schriftstücke studiert und Kriterien entwickelt haben, bereit, aussichtsreiche Streitfälle zu unterstützen, um einzelnen AGD-Mitgliedern zu ihrem Recht zu verhelfen. Und auch zu pokern: Um eine Gerichtsentscheidung zu ermöglichen, die positive Auswirkungen auf den Designerberuf verspricht. Bleibt zu enthüllen, dass es einen Satz gibt, der mit Abstand am häufigsten gesagt worden ist: «Aber was steht denn in den AVG?»
Pläne
Fruchtbarer Nebeneffekt: Die zwischen Detail- und Grundsatzfragen, zwischen juristischer und designpraktischer Perspektive geführten Diskussionen halten auch inne, um Pläne zu schmieden, wie es gelingen kann, bestimmte Rechtsstreitigkeiten schon im Vorfeld auszuschließen. Voilà:
- Auf der MV in Halle werden die Beiratsmitglieder und Alexander Koch über die Arbeit, die Entscheidungen des Beirats berichten. Eine gute Bühne, um «klarzustellen, wie wichtig eine sorgfältig ausgearbeitete AVG für die Arbeit der Designer:innen ist!» (O-Ton eines Beiratsmitglieds am 17.5.24. Alle Anwesenden nickten.)
- Die AGD wird ihren Mitgliedern ein Formular zur Verfügung stellen, mit dem sie mündliche Ad-hoc-Nachforderungen fixieren können.
Fortbildungen
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Webinar: Sicher selbstständig, nicht nur zum Schein – auch 2025