Um Anstöße zu geben , muss man anstößig sein.
Für Grafikdesignerinnen und Designer die zwischen den Siebzigern und Neunzigern beruflich sozialisiert wurden, führte an Kurt Weidemann kaum ein Weg vorbei. Kurt Weidemann war ein renommierter Gestalter für Typografie und Corporate Design, Schriftdesigner, Grafikdesign-Professor, Redakteur, Buchautor sowie tätig in internationalen und nationalen Designverbänden – vieles davon gleichzeitig.
Was immer Kurt Weidemann auch tat, er tat es mit großem Engagement und machte nie ein Hehl aus seiner stets klaren Meinung und Haltung, die er, gerne provozierend, auch von seiner Umgebung einforderte. So stand Weidemann bis in sein hohes Alter hinein oft an den Rednerpulten großer Konferenzen, wo er gerade junge Menschen mit seiner Direktheit und seinem moralischen Kompass begeisterte.
Die Sinne müssen durcheinander gerüttelt werden: Augen tasten, Ohren erblicken, Nasen hören, Finger riechen, Köpfe schmecken.
Begonnen hat Kurt Weidemann seine berufliche Laufbahn 1950 mit einer Schriftsetzerlehre in Lübeck, der sich ein Designstudium in Stuttgart anschloss, in dessen Folge er sich als Grafikdesigner, Texter und Werber selbstständig machte. Ebenfalls in Stuttgart begann 1964 sein Weg als Hochschullehrer, wo er in seiner Grundhaltung den Protestierenden der 1968er näherstand als dem Hochschul-Establishment. Später lehrte er an weiteren Hochschulen, seinen letzten Lehrauftrag begann er im Alter von 69 Jahren.
Als Grafikdesigner wurde Kurt Weidemann vor allem für sein Corporate Design großer Marken bekannt, hier seien lediglich genannt: co op, Mercedes-Benz, Merck, Porsche und vor allem sein Logo für die Deutsche Bahn. Es wurde 1993 bundesweit in allen Medien diskutiert; Weidemann erwarb von der Vergütung ein Bahn-Stellwerk, das er zu seinem Atelier umbaute. Kurt Weidemann war darüber hinaus der Gestalter der Schriftsippen bzw -familien Corporate ASE und Weidemann, sowie als Designer von Büchern tätig, von denen er etliche selbst schrieb.
Begründungen muss man mit Überzeugung vortragen, sonst wirken sie wie Entschuldigungen.
Kurt Weidemann engagierte sich nicht nur als Grafiker und Hochschullehrer, ihn interessierte darüber hinaus das Umfeld, in denen Designerinnen und Designer tätig sind. Das Engagement war lokal bis international, vom Stuttgarter Künstlerhaus bis zur Icograda (dem Internationalen Dachverband der Grafikerverbände)), deren Präsident er für einige Jahre war. Auch als Ehrenmitglied der AGD war Kurt Weidemann ein häufiger Gast der Jahrestagungen und trat dort als wortgewaltiger Redner auf. Seine feuerroten Schuhe wurden hier und auf vielen anderen Konferenzen zum Signal und Markenzeichen.
Kurt Weidemann brachte das, was ihn umtrieb, gerne auf den Punkt. Er bediente sich dabei markiger Formulierungen, die nicht nur in der Designszene bekannt wurden, sondern ihren Weg in etliche Zitatsammlungen fanden, gute Beispiele sind hier zu lesen. Der am 30. März 2011 im Alter von 89 Jahren verstorbene Kurt Weidemann wäre am 15. Dezember einhundert Jahre alt geworden.
Verfasser: Andreas Maxbauer