Fußballspektakel mit sensationellem Ende

Anfang Oktober landete im Postfach von info@agd.de eine E-Mail, die um die Verbreitung eines Wettbewerbes bat. Der Auftrag: „Gestalte ein Portrait von Lara Dickemann, einer der besten Fußballerinnen aller Zeiten – und überzeuge die Jury, dass dein Stil ins 10. Sammelalbum gehört. In der Kategorie U13 können Kinder und Jugendliche sich einen Platz im Album sichern, indem sie ein Porträt ihrer Lieblings-Fußballerin gestalten.“ Mit dieser Einreichung bewirbt man sich für die Gestaltung einer ganzen Fußballmannschaft für ein Sammelalbum zur EM 2025 der Frauen.

Anpfiff

„Zum 10. Mal sorgt tschutti heftli für das künstlerische Highlight an einem großen Fußballturnier. Statt langweiligen Fotos bietet das tschutti heftli-Sammelalbum echte Kunstwerke. Alle Teams werden von Illustrator:innen, Grafiker:innen und Zeichner:innen gestaltet. Um die Künstler:innen fürs neue Sammelalbum zu finden, schreiben wir einen Illustrations-Wettbewerb aus.“

Wer also teilnimmt und gewinnt, gestaltet eine ganze Mannschaft, in diesem künstlerischen Sammelalbum, das in Deutschland, Österreich und der Schweiz erscheinen wird. Wer Interesse an Fußball und Kunst hat, dessen Herz dürfte vor Freude ein paar extra Hüpfer machen.

Rote Karte

In unregelmäßigen Abständen passen diese Aufrufe gut in unseren Redaktionsplan, werden darin aufgenommen, aufbereitet und auf unseren Social-Media-Kanälen verbreitet. Da wir um die teils prekären Verhältnisse, was Gewinnspielbedingungen angeht, wissen (wir berichteten bereits mehrfach), schauten wir genau in die Teilnahmebedingungen und fanden direkt ein Foul, denn darin heißt es:

„tschutti heftli erhält an den eingereichten Arbeiten ein zeitlich, räumlich und sachlich  uneingeschränktes und nicht ausschließliches Nutzungsrecht (inkl. Änderungs- und Kopierrecht sowie ein Verwertungsrecht). tschutti heftli darf die eingereichten Werke für journalistische Berichterstattung, Eigenwerbung und deren Reproduktionen in Publikationen oder in Ausstellungen verwenden.“

Das. Geht. Gar. Nicht.

Chance zum Kontern

Nach einer kurzen Schockstarre angesichts dieser Bedingungen, schrieb die Geschäftsstelle eine klare Antwort: Die so formulierten Wettbewerbsbedingungen sind in unseren Augen nicht tragbar (Stichworte: Urheberrecht, Nutzungsrechte). Wir verwiesen auf den «VTV Design» und erklärten, dass wir uns für eine angemessene Vergütung für die Leistungen von Designer:innen stark machen. Wir baten außerdem um eine kritische Überprüfung dieser Wettbewerbsbedingungen.

Gute Abwehr

Zu unserer Überraschung erhielten wir auf unsere doch recht bestimmte E-Mail eine sehr ausführliche Antwort, die wir an dieser Stelle gern zitieren. Die Antwort des Vereins wirft noch ein anderes Licht auf die Sache:

„Das tschutti heftli ist ein ehrenamtlicher Verein, der nun zum zehnten Mal ein künstlerisches Sammelalbum herausgibt. Seit 2008 haben wir unzählige ehrenamtliche Arbeitsstunden in das Projekt investiert. Ebenso haben über hundert Künstler:innen und Illustrator:innen ihre Zeit und ihr Können in das Projekt eingebracht, im Wissen, dass wir sie nur mit einem bescheidenen Spesenbeitrag finanziell entschädigen können. Je nach Verlauf des Projekts lag dieser Betrag zwischen CHF 300 und 700 pro beteiligter Künstler:in. […]

Zu den Nutzungsbedingungen
Uns ist bewusst, dass die Formulierung der Nutzungsrechte sehr umfassend ist. Euren Einwand dazu können wir gut nachvollziehen und teilen ihn im Grunde auch. Als ausgebildeter Illustrator und Kommunikationsdesigner verstehe ich eure Bedenken besonders gut. Dennoch möchte ich betonen, dass es uns keineswegs darum geht, den Künstler:innen ihre Rechte zu entziehen oder auf ihre Kosten Einnahmen zu generieren. Tatsächlich leiten wir Anfragen zur Weiterverwendung der eingereichten Bilder in anderen Kontexten immer an die Künstler:innen weiter.

Die eingereichten Werke nutzen wir ausschließlich für die Promotion unserer Projekte. Um dies umfassend und auf allen Kanälen – sowohl heute als auch in zukünftigen Projekten – zu ermöglichen, haben wir uns nach Rücksprache mit einem Juristen für diese Formulierung entschieden. […]

Da wir ein ehrenamtlicher Verein sind, fehlt uns die Kapazität, uns mit allfälligen Ansprüchen aller Wettbewerbsteilnehmer:innen im Detail auseinanderzusetzen. Beispielsweise verwenden wir bei Ausschreibungen und der Promotion dazu oft Beiträge aus vorherigen Wettbewerben zur Bebilderung. Auch stellen wir die Bilder den Medien zur Illustration von Redaktionellen Inhalten zu unserem Verein oder Projekt zur Verfügung.  Um dies klar zu regeln, haben wir die Formulierung bewusst allgemein und umfassend gewählt.“

Endstand 1:1

Wir haben uns nach dieser freundlichen Antwort aus mehreren Gründen dazu entschieden, den Aufruf des Vereins zu teilen.

  1. Die Bereitschaft, sich für eine ausführliche und so zugewandte E-Mail Zeit zu nehmen und die Beweggründe zu erklären, hat uns beeindruckt.
  2. Dem Inhalt der Mail ist zu entnehmen, dass der Verein um die schwierige Formulierung weiß und sich aus Gründen dennoch dafür entschieden hat – nicht um möglichst günstig umfangreiche Designs zu erhalten, sondern aus seinen finanziellen und zeitlichen Kapazitäten heraus.
  3. Wir wollen keineswegs unseren Mitgliedern und Followern die Möglichkeit nehmen, sich selbst für oder gegen eine Teilnahme zu entscheiden. Denn wenn man ein Projekt aus Liebe und Leidenschaft annehmen möchte, dann kann man die finanziellen Bedingungen mit dem richtigen Kundenmix ausgleichen – lest dazu gern in unserem Artikel im Designerwissen: Der Kundenmix: Wie ihr herausfindet, ob eure Kunden profitabel genug sind

Wer am Gewinnspiel teilnehmen möchte, findet hier alle Informationen dazu: Zu den Wettbewerbsbedingungen

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