Die Künstliche Intelligenz hat mit Programmen wie DALL E oder Midjourney ihren Einzug in die Welt der Gestalter:innen unübersehbar angekündigt. Ein Verbund von Interessenverbänden hat in den letzten Tagen das Papier »KI aber fair« veröffentlicht (Link). Mit folgendem FAQ wollen wir erklären, warum die AGD sich dem Papier nicht anschließen konnte.
Warum hat die AGD die Stellungnahme »KI aber fair« nicht unterzeichnet?
Vorneweg halten wir eine kritische Auseinandersetzung auf die durch KI-Anwendungen ausgelösten rasanten Entwicklungen für wichtig. Gleichwohl ist bei uns der Eindruck entstanden, dass die Stellungnahme zu einseitig die Kreativschaffenden als zukünftige Opfer darstellt, die Problembeschreibungen recht pauschal sind, die Forderungen zu unkonkret sind und die Verantwortung einfach ohne eine Konkretisierung auf den Gesetzgeber abgeschoben wird.
Wieso seht ihr die Darstellungen als pauschal an?
Sätze wie »KI-Systeme untergraben den Wert human-kreativen Denkens und Arbeitens und bergen eine nicht zu unterschätzende Gefahr für uns Kreativschaffende.« oder »Menschliche Kreativität ist nicht zu ersetzen.« werden in ihrer Pauschalität der Anforderung, sich mit KI differenziert und ausgewogen auseinanderzusetzen, nicht gerecht. Im Gegenteil, sie schüren oder bestärken Ängste bei Kreativarbeiter:innen. Das ist kontraproduktiv und aus unserer Sicht das Gegenteil von verantwortungsvollem Verbandshandeln. Vielmehr sind wir als Berufsverbände und Interessensvertreter aufgerufen, uns unvoreingenommen und differenziert mit KI zu beschäftigen und daraus notwendige Handlungen abzuleiten.
Seht ihr den Einsatz von KI weniger kritisch?
Das trifft nicht zu. Wir gehen davon aus, dass KI das Berufsbild visueller Gestalter:innen erheblich verändern wird – ob zum Guten oder zum Schlechten, wollen wir aber nicht vorwegnehmen. Die Stellungnahme hat bei uns den Eindruck hinterlassen, dass die Verfasser:innen an dem bisherigen Berufsbild festhalten, aber kein einziges Wort darüber verlieren, wie die Verbände einen Beitrag dazu leisten können, dass ihre Mitglieder sich auf das veränderte Berufsbild einstellen können. Weiter gehen wir davon aus, dass auch visuelle Gestalter:innen selber KI-Anwendungen einsetzen werden, sei es als Erleichterung bei der konkreten Umsetzung oder schlichtweg als Inspirationsquelle. Mit einer einseitigen Positionierung würde die AGD an Glaubwürdigkeit verlieren.
Warum seht ihr die politischen Forderungen kritisch?
Manche Vorschläge, wie etwa die Pflicht zur Offenlegung der bei KI-Anwendungen verwendeten Vorlagen, finden wir durchaus interessant, damit Kreativschaffende nicht (unfreiwillig) einen Beitrag zum Trainieren von KI-Anwendung leisten müssen. Über die Pflicht zur Kennzeichnung von KI-Erzeugnissen kann man auch diskutieren, nur sollte man dabei nicht unerwähnt lassen, dass einige KI-Anbieter ihren Kund:innen Kennzeichnungspflichten bereits auferlegen. Dagegen ist die reflexhafte Forderung nach einer Vergütung äußerst kritisch zu betrachten, weil diese nur kollektiv durch Verwertungsgesellschaften umgesetzt werden könnte. Sind Missstände zu beheben, dann hilft es wenig, die Kreativschaffenden mit wenigen Euros abzufinden und auf diesem Weg letztendlich die Missstände zu zementieren.
Reicht es nicht aus, dass die politischen Entscheidungsträger die genannten Probleme lösen? Dafür werden sie doch schließlich bezahlt, oder?
Die Forderung »Wir erwarten von politischen Entscheidungsträgern, dass sie sich für die rund 1,8 Millionen Erwerbstätigen der deutschen Kultur- und Kreativwirtschaft einsetzen« ist unglücklich formuliert. Natürlich begrüßen wir es, wenn Politiker bei der Vielzahl der mit KI-Anwendungen verbundenen Herausforderungen auch die Belange der Kreativschaffenden berücksichtigen. Der Satz kann aber auch leicht in die Richtung gelesen werden, dass Ministerien und Parlamente sämtliche Probleme von sich aus lösen sollen. Die Gefahr, dass hier nach der DSM-Richtlinie und vor allem dem Urheberrechtsdiensteanbietergesetz das nächste Gesetzesmonster geschaffen wird, ist groß. Bei der Lösung der sich stellenden Fragen sind auch die Interessenverbände gefragt. Natürlich sind sie nicht in der Lage, diese Gesetze zu formulieren. Wir sehen sie aber in der Verantwortung, sich an der Analyse der Situation und an den anstehenden Diskussionen zu beteiligen.
Welche Beiträge will die AGD erbringen?
Am 23.03.2023 haben wir eine ganztägige Veranstaltung zum Thema KI durchgeführt; eine Webinarreihe wird ab Mai folgen. Natürlich werden wir uns an den Diskussionen und – wenn die Zeit reif ist – an der Erstellung entsprechender Positionspapiere beteiligen. Wichtiger noch: Wir unterstützen visuelle Gestalterinnen, mit ihrer Arbeit langfristig wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Daher sehen wir den dringendsten Handlungsbedarf darin, mit unseren Mitgliedern und allen interessierten visuellen Gestalter:innen den Diskurs zu führen über Auswirkungen von KI auf unseren Berufsstand. Dabei muss es um Chancen (Inspiration, Wegfall repetitiver Tätigkeiten) genauso gehen wie um Risiken (KI statt Gestalter:in). Wir erkennen an, dass KI die Gestalter:innen-Berufe tiefgreifend verändern wird. Es ist nicht die erste Veränderung dieser Tragweite. Und auch diesmal ist es neben politischen Forderungen mit Substanz unsere Pflicht, unser Berufsbild entlang des technologischen Fortschritts weiterzuentwickeln, entsprechende Bildungsangebote zu machen und Austauschforen anzubieten.
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