Bundesjustizministerium an der Kante des Regierungswechsels
Der im Bundesjustizministerium fürs Urheberrecht zuständige Referatsleiter, Dr. Martin Bittner, stellte keine konkreten Gesetzesprojekte vor, was sicherlich den Unsicherheiten einer ablaufenden Legislatur geschuldet war. Dass der Minister zwei Tage später ausgetauscht würde, war zu dem Zeitpunkt nicht zu ahnen. Nichtsdestotrotz beschäftigt sich das Ministerium mit der Analyse der kürzlich verabschiedeten KI-Verordnung und einiger Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs. Vergütungsfragen sieht Bittner als „das heißeste Eisen“ an, was man als Ankündigung einer von Verwertungsgesellschaften wahrzunehmenden kollektiven Lösung – in welcher Form auch immer – deuten kann.
Text und Data Mining
Die weiteren Fachvorträge fanden eher Gefallen bei Vertretern von Kulturinstitutionen, was nicht sonderlich verwundert, weil mit Ausnahme der AGD keine Urhebervertreter präsent waren. Im Fokus stand das Text und Data Mining, das KI-Foundations als Rechtsgrundlage für das kostenfreie Antrainieren ihrer KI-Datensätze verstehen. Wenn es um gesetzliche Ausnahmeregelungen geht, ist der im Standardkommentar zuständige Autor, Professor Dr. Malte Stieper, der richtige Ansprechpartner. Aufhänger war das von der Initiative Urheberrecht bei Stober und Dornis beauftragte Gutachten, was er im Ergebnis kritisch sah. Aber auch an Bibliotheksjuristen gerichtet, sieht er im wissenschaftlichen Text und Data Mining nur einen engen Anwendungsbereich, das für Kooperationen von Bibliotheken mit kommerziellen Unternehmen keine Grundlage bietet.
Kennzeichnungspflicht
In dem weiteren Vortrag ging Professor Dr. Dr. Hanjo Hamann verschiedene Möglichkeiten der Maschinenlesbarkeit des vom Gesetz angebotenen Rechtevorbehalts durch. Die vom Landgericht Hamburg geäußerte These, dass jeder Text auch maschinenlesbar sei, ging ihm zu weit. Im letzten Vortrag äußerte Dr. Malte Baumann Bedenken, dass sich die von der KI-Verordnung von Anwendern von KI-Tools geforderte Kennzeichnungspflicht nicht auf die Fälle des Deepfake beschränkten, sondern sehr weit in den Kreativbereich hineinragte.
Düstere Aussichten beim Urheberrecht
Bezeichnend war das Abschlusspanel, das sich einhellig für eine Vereinfachung des Urheberrechts aussprach. Vor allem die an die Schöpfungshöhe zu stellenden Anforderungen seien mittlerweile zu niedrig. Weil KI-Anwendungen Werke mit niedriger Schöpfungshöhe ersetzen würden, wurde eine Anhebung der an den Werkschutz zu stellenden Anforderungen gestellt. Die AGD muss nicht besonders betonen, dass vor allem Desiger_innen massiv von so einer Handhabe betroffen wären.
Fazit der Tagung
Die fachliche Diskussion verlief auf hohem Niveau, die hier gezogenen Schlussfolgerungen waren leider wenig urheber- bzw. designerfreundlich. Wer glaubt, dass es sich hier nur um eine von der Außenwelt abgeschirmte Professoren-Veranstaltung handelte, irrt. Diese Veranstaltungen haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie maßgebliche Themen setzen konnte – vor allem wenn Vertreter eines Bundesministeriums zugegen waren. Für die AGD bleibt somit viel zu tun.
Direkt zum Deutschen Kulturrat: Wie geht es weiter?
Der beim Deutschen Kulturrat angesiedelte Fachausschuss für Urheberrecht ging am 13.11.2024 wegen einer Positionierung zu den urheberrechtlichen Herausforderungen bei der Generativen KI in die zweite Runde. Die Sitzung begann mit einem Input des im Bundesjustizministerium fürs Urheberrecht zuständigen Referatsleiters, Dr. Martin Bittner. Wieder stand die Ausgestaltung einer gesetzlichen Vergütungspflicht für KI-Anwendungen im Raum. Die Runde diskutierte darüber, ob die Ausnahmeregelung zwingend oder mit der Möglichkeit eines Opt-Outs ausgestaltet werden sollte. Der Fachausschuss trifft sich wieder in zwei Wochen.
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