Einstieg mit einem Rätsel – und einem Aha-Moment
Der Abend beginnt spielerisch mit einem Klassiker: verbinde neun Punkte mit vier Linien, ohne den Stift abzusetzen. Das gelingt noch gut, aber bei drei Linien wird die Lösung schon knifflig und das genau ist der Punkt. Was wie ein Geometriespiel aussieht, entpuppt sich als Denkexperiment zur Kreativität. Schnell wird klar: Hier geht es um mehr als Striche auf Papier. Es geht ums Ausbrechen aus Konventionen, ums »Um-die-Ecke-Denken« und um die Frage, wie das eigentlich geht. Ein Teilnehmer beschreibt, wie er die Lösung plötzlich »gesehen« hat. Nicht berechnet, nicht abgeleitet, sondern innerlich visualisiert. Eine andere erinnert sich an ihre Schauspielausbildung und daran, wie Babys stundenlang schreien können, weil ihnen niemand sagt, sie müssten still sein. Kreativität, das zeigt sich früh im Gespräch, hat oft mit Freiheit zu tun. Oder damit, sich diese Freiheit wiederzuerobern.
Kinder, Konventionen und die Box im Kopf
»Kinder sind kreativer«, heißt es. Vielleicht, weil sie die Welt noch nicht in Schubladen sortiert haben. Aber was bedeutet das für uns Erwachsene? Und für Künstliche Intelligenz? Die Diskussion nimmt Fahrt auf: Viele beschreiben, wie schwer es ist, alte Denkstrukturen zu durchbrechen. Das Problem sei nicht die Box, sondern dass wir glauben, es gäbe keine Alternative dazu. Ein Teilnehmer bringt es auf den Punkt: »Die KI ist genauso in dieser Box. Sie greift nur auf bestehende Dinge zurück.« Ist das der entscheidende Unterschied? Dass wir Menschen in der Lage sind, Regeln in Frage zu stellen und nicht nur anzuwenden?
Inspiration vs. Originalität – wie entsteht Neues?
Ein zentrales Thema des Abends ist die Frage: Wann ist etwas wirklich kreativ? Wenn es originär ist? Wenn es uns emotional berührt? Wenn es neu ist oder einfach nur neu für uns? Die Gruppe ist sich uneinig. Ist »Der König der Löwen« kreativ, obwohl er auf Shakespeares »Hamlet« basiert? Ist ein Design wirklich neu, wenn es nur Elemente neu kombiniert, die wir schon kannten? Und was bedeutet das für KI, die genau das tut: Bestehendes neu arrangieren? »Kreativität ist, wenn etwas Neues aus dem Nichts entsteht«, sagt jemand. Ein anderer widerspricht: »Aber nichts entsteht wirklich aus dem Nichts. Es ist immer ein Netzwerk aus Eindrücken, Erfahrungen, Erinnerungen.«
Und was macht die KI?
Künstliche Intelligenz – so das Fazit vieler – wirkt auf den ersten Blick kreativ, aber sie ist es nicht im menschlichen Sinn. Sie hat kein Ich, kein Gefühl, kein Bedürfnis, etwas auszudrücken. Sie beginnt nichts aus sich heraus. Sie braucht einen Impuls, wie wir auch. Aber sie urteilt nicht, spürt nicht, zweifelt nicht. »Die KI ist der Autist im Raum«, sagt jemand überspitzt, mit Respekt, nicht bewertend. Sie erkennt Muster, kombiniert, perfektioniert. Aber sie erlebt nichts dabei. Und doch: Je nachdem, wie gut sie trainiert ist, kann sie erstaunliche Ergebnisse liefern. Manchmal sogar solche, die menschlich kreativ wirken.
Kreativität als Prozess – und als Beruf
Besonders spannend wird es, als es um angewandte Kreativität geht. Also die, die Designer:innen, Texter:innen, Schauspieler:innen beruflich nutzen. Viele beschreiben, wie sie Kreativität gezielt abrufen können, aber nur unter bestimmten Bedingungen. Nicht am Schreibtisch. Sondern beim Spazierengehen, im Dialog, mit einem klaren Briefing. Dabei wird auch deutlich: Kreativität hat immer mit Emotionen zu tun. Mit Motivation. Mit Haltung. Und mit dem Raum, den man dafür bekommt oder sich nimmt. Das erklärt vielleicht auch, warum viele ihre besten Arbeiten nicht im Auftrag machen, sondern in freien Projekten.
Und jetzt? Was bleibt von diesem Abend?
Das Treffen endet mit vielen offenen Gedanken, aber auch mit einem Gefühl der Verbundenheit. Kreativität ist nichts, was man klar definieren kann. Aber sie ist spürbar. Sie lebt vom Zweifel, vom Mut, vom Scheitern und vom Neuanfang. Und die KI? Sie ist da. Sie wird bleiben. Sie wird helfen, inspirieren, vielleicht auch mal übertreffen. Aber sie wird nie wir sein. Denn sie ist kein Mensch. Sie kennt keine Müdigkeit, aber auch keine Sehnsucht. Sie hat keine Angst vorm weißen Blatt. Aber auch keinen Stolz, wenn es endlich gefüllt ist.
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