Kreative von heute, Unternehmen von morgen, Moderation von gestern

Vor knapp einer Woche war die AGD zu dritt bei der Preisverleihung der Kultur- und Kreativpilot*innen. Diese Erfahrung mussten wir erst einmal sacken lassen. Hier erfahrt ihr, warum.
Kreativpiloten (alt)

Jedes Jahr vergibt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz Preise für die besten Start-Up- und Projektideen in Deutschland, die aus der Kultur- und Kreativwirtschaft kommen. Insgesamt wird der Preis 32 Mal verliehen – ursprünglich für jeweils zwei Ideen aus jedem Bundesland. Doch da ging es schon los.

Ein Blick in das zugehörige Eventheft zeichnete ein anderes Bild: Die Auszeichnung ging insgesamt elfmal nach Berlin, sechsmal nach Baden-Württemberg, fünfmal nach NRW, je dreimal nach Hamburg und Hessen und je einmal nach Niedersachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und ins Saarland. Sieben Bundesländer (darunter allein drei aus den neuen Bundesländern) waren gar nicht erst vertreten.

Es stellt sich die Frage, wieso die Verteilung der Preise sich so gestaltet. Gibt es so wenig preisverdächtige Innovationen außerhalb von Berlin, NRW und Baden-Württemberg? Wenn wir an die Tagung in Halle (Saale) zurückdenken und die Projekte aus den BioLabs der Burg Giebichenstein, ist das kaum vorstellbar. Immerhin erinnerte uns Build Blue, die Dämmmaterial aus Seegras herstellen, ein wenig daran zurück.

Holpriger Start, holprige Landung

Für die Grußworte der Veranstaltung waren Reden von Claudia Roth (Staatsministerin für Kultur und Medien) und Matthias Kellner (Parlamentarischer Staatssekretär vom BMWK) vorgesehen. Erstere erschien per Videobotschaft auf dem Bildschirm, während Letzterer sich direkt vertreten ließ. Ihre fehlende Anwesenheit schien jedoch nachhaltig zur Verwirrung geführt zu haben, was sich in der zunächst sehr holprigen und im Verlaufe der Verleihung nur noch normal holprigen Moderation niederschlug. Vielleicht hätten die Jungs von eloquio ihnen vorher einen Workshop halten sollen.

Im Gegensatz zur Verleihung 2023 wurde diesmal durch die Kreativen regelrecht gehetzt. Statt persönlicher Einspieler, die einen Einblick in die jeweiligen Projekte gaben, wurden immer direkt vier Projekte gleichzeitig auf die Bühne geholt. Dass die Moderatorin und die Stellvertreterin von Matthias Kellner sich kaum mit den Anwesenden beschäftigt hatten, wurde sowohl bei der mehrfach auftretenden Verwechselung der übergebenen Urkunden („Schaut nochmal drauf, ob das auch die richtige Urkunde ist…“ – „Nein, hier steht F-50, wir sind aber float mobility“) deutlich, als auch bei den wenig durchdachten Fragen („An welchem Gewässer ist euch denn die Idee gekommen?“). Flacher waren nur die wiederverwendbaren Pizzakartons von PIZZycle, geschmackloser nur LubeLabs Gleitmittel.

Verpasste Chancen

Besonders schade: Eine gemeinsame Pressemitteilung aller Projekte, die sich mit Gesundheitsthemen für Frauen beschäftigen, erwähnte spannende Ideen wie OH CIRCLE, entzück dich selbst und menstruflow, doch keines dieser Projekte durfte auf der Bühne ausführlich vorgestellt werden. Stattdessen wurden Fragen bevorzugt an männlich geleitete Projekte gestellt – mit kindr. wäre die Aufgabeverteilung sicher geschlechtergerechter gewesen.

Die fehlende Wertschätzung gipfelte darin, dass als Show Act nach der Hälfte der Verleihung ein Musiker aus London und Berlin die Bühne für insgesamt vier Lieder betrat – obwohl es unter den Auszeichnungen drei Projekte gab, die sich um Musik drehten, wie GroovIT (eine Verbindung von Jump’n’Run und Schlagzeuglernen) und Piumosso (eine Plattform zur Selbstvermarktung von Musiker*innen). Der Musiker wurde im Anschluss gefragt, welchen Tipp er den jungen Kreativen geben könnte, um erfolgreich zu bleiben: „Redet mit den Menschen in eurem Umfeld.“ So uninspiriert, dass nicht einmal die Untertitel von PHONT ihn emotionaler machen könnten.

Hungrig nach Hause

Dass auch die Kreativen mit der Art und Weise ihrer Ehrung nicht zufrieden waren, zeigte sich im Anschluss an die Preisverleihung. In der angrenzenden Ausstellung, in der alle Projekte gezeigt wurden und Stehtische zum Austausch einluden, waren einige Projekte bereits abgebaut oder wiesen verlassene Stände auf. Vielleicht hatten die Teilnehmenden lieber mit Klub ein Event in ihrer Nähe gesucht, oder sie waren enttäuscht vom Buffet, das nur spärliche Häppchen bot, die schneller verschwanden, als man sie greifen konnte.

Alles in allem waren wir von den diesjährigen Projekten begeistert, jedoch von der Veranstaltung enttäuscht. Wir hoffen sehr, dass dieser Ausrutscher dem aktuellen politischen Ausnahmezustand geschuldet war und 2025 den Kreativen wieder die Bühne zuteilwird, die ihnen für ihre innovativen, weltverbessernden Ideen zusteht!

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