Eventuell hast du Post von der Künstlersozialversicherung (KSK) erhalten, weil du eine Designerin oder einen Designer beauftragt hast. Oder die Deutsche Rentenversicherung stieß bei ihren turnusmäßigen Betriebsprüfungen auf Rechnungen, die du von einem Kreativschaffenden erhalten hast. Und nun wirst du aufgefordert, eine Übersicht dieser und ähnlicher Rechnungen abzugeben, oder du musst gar Beiträge zur Sozialversicherung entrichten, womöglich sogar nachträglich.
Die Idee
Wir verstehen gut, dass das misslich für dich ist, denn niemand zahlt gerne Ungeplantes, schon gar nicht für Zurückliegendes und überhaupt: was für ein sperriges Wort – »Künstlersozialversicherung«! Lass uns als größtem Berufsverband für selbstständige Designer aller Disziplinen erklären, worum es geht, wofür etwas zu zahlen ist, und ein paar Tipps geben wir dir auch gerne. Die allermeisten unserer Designer:innen sind zugleich Mitglied der Künstlersozialkasse, zudem sind wir durch unsere Geschäftsführerin Victoria Ringleb in ihrem Beirat vertreten.
Die Bundesrepublik schuf 1981 aus ihrem Verständnis als Kulturnation und Sozialstaat ein Gesetz, um professionellen, selbstständigen Künstler:innen den Zugang zu einer adäquaten gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung zu erleichtern. Mit in diese Gruppe hineingenommen hat die Gesetzgeberin auch die allermeisten Designberufe, Fotografen, Texter und Journalisten. Denn in diesen freien Berufen sind die Vergütungen erfahrungsgemäß recht gering, und daher ist eine soziale Absicherung schwierig, insbesondere in Hinsicht auf die Altersvorsorge.
Das kostet es
Die Beiträge zur Künstlersozialkasse tragen zu fünfzig Prozent die Versicherten und zu zwanzig Prozent der Bund, der zusätzlich alle Verwaltungskosten übernimmt. Die verbleibenden dreißig Prozent werden von den Auftraggeber:innen aufgebracht. Im Grunde genommen zahlen alle, die Designer:innen gewerblich beauftragen – also jedes Unternehmen, jede Institution, jede Behörde und jeder Verein – eine Künstlersozialabgabe in Höhe von ca. fünf Prozent der Rechnungsnettosumme.
So geht es
Als Auftraggeberin oder Auftraggeber wirst du im reinsten Amtsdeutsch als »Verwerter:in« oder »Abgabepflichtige:r« bezeichnet, was immerhin erklärt, warum sich die Künstlersozialkasse an dich wendet: Als Verwerter:in musst du eine Abgabe abführen, weil du künstlerische Erzeugnisse zu ihrer Vermarktung nutzt, sie also verwertest. Daraus leiten sich auch die wenigen Ausnahmen von der Abgabe ab: Wenn du privat ein Kunstwerk erwirbst, musst du nichts abführen, da du es nicht wirtschaftlich verwertest. Auch bei Unternehmen, Einrichtungen etc. ist dieser »Eigenbedarf« abgabefrei, zum Beispiel eine künstlerische Gestaltung des Eingangsbereichs deines Unternehmens, oder ein Design für eine interne Firmenveranstaltung oder eine Inhouse-Schulung deiner Mitarbeiter:innen, denn auch hier gibt es keine wirtschaftliche Verwertung.
Eine weitere Ausnahme gibt es mit der Geringfügigkeitsgrenze. So kann ein Kunde sein Designbüro bis zu einer Netto-Vergütung von 450 € im Jahr beauftragen, ohne dass er etwas an die Künstlersozialkasse überweisen muss. Ausgenommen davon sind sogenannte »typische Verwerter:innen«, also Unternehmen und Einrichtungen, die Leistungen von Kreativen professionell vermarkten, z.B. Agenturen, Verlage oder andere Designbüros.
Abgesehen von diesen raren Ausnahmen ist die Künstlersozialabgabe für die Rechnungen aller selbstständigen Designer:inne fällig, die freiberuflich oder in einer Personengesellschaft tätig sind. Und zwar unabhängig davon, ob die Designer:innen selbst Mitglied der Künstlersozialkasse sind. Der Sinn ist, dass sich Designer:innen aus der Befürchtung heraus, sonst Wettbewerbsnachteile zu erleiden, nicht adäquat versichern würden.
Zu zahlen ist die Künstlersozialabgabe auf alle Nettosummen, die auf den Rechnungen der Designer:innen aufgeführt sind, mit Ausnahme von Reise- und Bewirtungskosten sowie steuerfreien Aufwandsentschädigungen. So jedenfalls steht es in den Drucksachen der KSK, ihre Website jedoch nennt kurioserweise Ausnahmen in ihrem FAQ-Bereich. Der Hintergrund für die rigide Haltung sind Erfahrungen aus der Vergangenheit, dass viele Designer:innen auf Wunsch ihrer Kund:innen zwei Rechnungen ausstellen sollten, je eine für abgabepflichtige Kreativ- und eine für abgabefreie Produktionsleistungen. Abgesehen davon, dass dies Sozialversicherungsbetrug war, bestand für Designer:innen, die überwiegend Produktionsleistungen abrechneten, die latente Gefahr, ihren freiberuflichen Status zu verlieren. Zudem fördert die regelmäßige Prüfung durch die Deutsche Rentenversicherung diesen Versuch der Abgabenvermeidung zu Tage und kann zu entsprechenden schmerzhaften Nachzahlungen führen.
Was muss ich als Auftraggeber:in nun tun?
Die Deutsche Rentenversicherung wurde 2014 per Gesetz angewiesen, den Kreis der turnusmäßig auf ihre Abgabepflicht zu prüfenden Betriebe stark zu erweitern. Deshalb ist es klug, auf den Prüfdienst vorzubereitet zu sein und sich ggf. selbst bei der Künstlersozialversicherung zu melden um evtl.e Nachforderungen und Säumniszuschläge zu vermeiden.
Dein:e Designer:in wird dir in der Regel nur rudimentäre Informationen geben können, da er/sie in erster Linie Gestalter:in und Betriebsinhaber:in der Auftragnehmerseite ist. Adäquatere Ansprechpartner sind deine Steuerberaterin oder dein Steuerberater, da diese dir auch die Abwicklung mit der Künstlersozialkasse abnehmen können. Du musst dann lediglich die Rechnungen kennzeichnen, die von freiberuflich oder in einer GbR tätigen Designern, Fotografen oder Textern kommen und nicht den wenigen, o.g. Ausnahmen entsprechen.
Was deinem Informationsbedürfnis und dem der Designer:innen zugleich dient, ist die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebene Broschüre »Künstlersozialversicherung«, die kostenfrei beim Publikationsversand der Bundesregierung bestellbar ist (publikationen@bundesregierung.de, Bestell-Nr. A 298). Auch die Internetseite der Künstlersozialversicherung hat einen eigenen Bereich für Unternehmer:innen und Verwerter:innen, hier finden sich allen notwendigen Unterlagen zum Download.
In aller Regel ist das Verhältnis zwischen Designer:innen und ihren Auftraggeber:innen erfreulich, stabil und gut. Dennoch kennen wir aus unserer umfangreichen Beratungstätigkeit Fälle, in denen Designer:innen den Ärger ihrer Kund:innen zu spüren bekommen. Bei allem Verständnis dafür, dass niemand gerne überraschend für Zurückliegendes zur Kasse gebeten wird, möchten wir auf drei hauptsächliche »Einschüchterungsversuche« eingehen.
»Dann gehe ich eben zu einer GmbH«
Es stimmt, dass Rechnungen von als GmbH, UG oder KG geführten Designbüros oder Agenturen frei von Künstlersozialabgaben sind. Das bedeutet jedoch nicht, dass ein Wechsel für Auftraggeber:innen wirtschaftlich lukrativ wäre. Vermutlich wird er sogar teurer, denn diese Unternehmen verlangen in der Regel deutliche höhere Vergütungen als freiberuflich oder in einer GbR tätige Designer:innen: In ihren Rechnungen sind der höhere Verwaltungs- sowie der Repräsentationsaufwand ebenso enthalten wie die Sozialabgaben für ihre Angestellten. Zudem beschäftigen Agenturen häufig freie Designer für die sie die ungeliebten Künstlersozialabgaben entrichten – und natürlich weiterberechnen müssen.
»Können Sie nicht einfach eine GmbH gründen?«
Abgesehen davon, dass für die meisten Designerinnen und Designer eine Unternehmergesellschaft (UG) wesentlich realistischer wäre, ließe sich damit tatsächlich die Künstlersozialabgabe umgehen. Aber zu einem hohen Preis: Das Designbüro hätte künftig zu bilanzieren, und wäre zu doppelten Buchführung verpflichtet, es hätte Kammerbeiträge und Gewerbesteuer abzuführen, zudem würden die Inhaber:innen ihre Freiberuflichkeit verlieren. Die so den Designer:innen entstehenden Kosten würden die – lediglich dem Kunden zugute kommenden – Einsparungen um ein Mehrfaches übersteigen und ihren Niederschlag in den Vergütungen finden.
»Das Geld will ich von Ihnen aber zurück erhalten«
Ganz eindeutig ist die Rechtslage, wenn Kund:innen gar eine Rücküberweisung oder eine Rechnungskürzung verlangen. Das ist ein eindeutiger Straftatbestand nach dem Sozialgesetzbuch, der so geahndet wird, als wenn ein:e Arbeitgeber:in von Mitarbeiter:innen die Rückzahlung von Sozialabgaben verlangt.
Das kann helfen
Kommen wir zu den Tipps. Du sparst unnötige Künstlersozialabgaben, wenn du, statt dir vom Designbüro eine »All-Inclusive-Rechnung« ausstellen zu lassen, die Produktionsleistungen künftig von den Herstellerbetrieben direkt berechnen lässt. Du kannst mit deinem Designbüro vereinbaren, dass es zuvor die Herstellerrechnungen auf ihre Stimmigkeit prüft und an dich weitereicht.
Nun sind die reinen Designkosten in der Regel nur ein Bestandteil von umfangreicheren Projektkosten. So können zur Gestaltung einer Broschüre oder eines Magazins noch die Kosten für die Herstellung, den Lettershop oder für den Versand hinzukommen. In Anbetracht der Gesamtkosten fällt die Künstlersozialabgabe mit circa fünf Prozent der Netto-Designerkosten vielleicht nicht so sehr ins Gewicht.
Schau doch nach, ob es eine Ausgleichsvereinigung für dich gibt. Ausgleichsvereinigungen sind Zusammenschlüsse von Verwerter:innen – meistens derselben Branchen – die das Verwaltungstechnische mit der Künstlersozialkasse abwickeln. Der Vorteil für die einzelnen Unternehmen ist im Wesentlichen eine Verwaltungsvereinfachung, zudem kann auch von Bemessungsgrundlagen in geringem Maße zugunsten der Auftraggeber:innen abgewichen werden.
Kontaktdaten der Künstlersozialkasse
Künstlersozialkasse
26380 Wilhelmshaven
Service-Center: 04421 9734051500
Telefax für Verwerter:innen 04421 7543-5062
Sprechzeiten: Montag bis Freitag von 9 bis 16 Uhr
https://www.kuenstlersozialkasse.de
(Andreas Maxbauer)
BROSCHÜRE DES BUNDESMINISTERIUMS FÜR ARBEIT UND SOZIALES ZUR KSK
(Die PDF beantwortet als ein Ratgeber für Versicherte, Verwerter:innen und Interessierte die wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit der Künstlersozialversicherung und fasst die jüngsten Neuregelungen verständlich zusammen)