Fototapeten ohne Urheberrechtsschutz

Der Bundesgerichtshof hat in drei Verfahren behauptete urheberrechtliche Ansprüche eines Vertreibers von Fototapeten zurückgewiesen (Urteile vom 11.09.2024 – I ZR 139/23; I ZR 140/23; I ZR 141/23).

Was war geschehen?

Die Klägerin vertreibt Fototapeten; die Beklagten hatten die Fototapeten erworben und in ihren Räumen fotografiert. Die Fotos erschienen auf verschiedenste Weise:

  • Upload durch eine Privatperson bei Facebook
  • Foto als Referenz einer Web- und Medienagentur für eine von ihr hergestellte Website
  • Bewerbung eines Hotels im Internet

Die Klägerin sah hierin eine Nutzung ihrer Fototapeten, die so nicht vereinbart, sprich mit dem bezahlten Preis abgegolten waren, und mahnte die Beklagten ab. Die an­gerufenen Instanzgerichte (Amtsgericht, Landgericht) wie auch der BGH haben die Ansprü­che zurückgewiesen.

Übliche Nutzungshandlung

Das Fotografieren einer Fototapete und das spätere Verwenden der Fotos seien übliche Nutzungshandlungen, mit denen die Klägerin hätte rechnen müssen. Der Klägerin hätte es frei gestanden, auf die eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit durch einen Urheberbe­zeich­nung hinzuweisen. Der BGH sieht die Nutzung aufgrund so genannter konkludent erteilter Einwilligungen als gerechtfertigt an. Das Gericht weitet die konkludente Einwilligung auf indirekte Nutzer wie hier die Web- und Medienagentur aus, die das Foto als Referenz auf ihre Website hochlud.

Der BGH lehnt auch einen Anspruch auf Nennung des Urhebers mit der Begründung ab, dass er im Rahmen des Vertriebs der Fototapeten auf dieses Recht durch schlüssiges Ver­halten verzichtet habe.

Abmahnung ist nicht gleich Abmahnung

Soviel vorab zum Grundsätzlichen: Das Urteil ist richtig und akzeptabel. Gleichwohl müssen wir auf einige Dinge hinweisen: Unsere Kritik gilt der Fototapetenvertreiberin und ihrer Anwältin. Googelt man den Begriff „Fototapete Abmahnung“, entsteht schnell der Eindruck, dass im breiten Stil abgemahnt wurde. Auch wenn diese Rechte bis jetzt bestanden haben mögen, wurde durch die Abmahnungen billigend in Kauf genommen, dass Rechtsprechung und Gesetzgebung mehr und mehr die Rechte aller Urheber:innen einschränken. Solche auf Abmahnungen basierende Geschäftsmodelle schwächen das Urheberrecht als eine wichtige Grundlage für eine mediengeprägte Gesellschaft, als dass sie es stärken.

Die vom BGH bestätigte Konstruktion der konkludenten Einwilligung dient offensichtlich dem Zweck, dem vorliegenden Abmahngeschäft einen Riegel vorzuschieben. Das ist richtig. Genauso richtig ist, dass Abmahnungen als Unterlassungsansprüche grundsätzlich legitim und gesetzlich sogar gefordert sind, wenn zum Beispiel ein vereinbarter Nutzungsumfang überschritten wird. Hier muss weise unterschieden werden.

Übertragungszweckgrundsatz wäre hilfreicher gewesen

Das Konstrukt der konkludierten Einwilligung, auf das der BGH hier abstellt, zieht jedoch andere Schwierigkeiten nach sich, nämlich die der Abgrenzung. Jede:r Urheber:in muss ggf. bei einem vereinbarten Nutzungsumfang immer noch eine angebliche Einwilligung einkalkulieren. Der Begriff der „üblichen Nutzungshandlungen“ ist dehnbar und muss bei allen abgebildeten urheberrechtlich geschützten Werken in Betracht gezogen werden. Müssen zum Beispiel bildende Künstler nun damit rechnen, dass Kunden ihre Werke auf Websites und auf Facebook hochladen oder vielleicht sogar in einem Möbelkatalog wiedergeben (vgl. BGH I ZR 177/13 – Möbelkatalog)? Daher wäre unserer Auffassung nach der Übertragungszweckgrundsatz die bessere Begründung gewesen.

Umgekehrt gilt aber auch: Designer:innen, die fremde Fotos in ihren Arbeiten verwenden, werden sich über eine Erleichterung der Bildrechteklärung freuen. Es bleibt aber abzuwarten, inwieweit das Abfotografieren einer Fototapete auf andere Fälle übertragbar ist. Das vorliegende Urteil sollte auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass weitere Drittrechte (z.B. Personen oder Kunstwerke in der Fototapete) weiterhin zu prüfen sind.

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