Rund 30 Teilnehmer:innen aus den unterschiedlichsten Branchen saßen am Tisch, verdauten gemeinschaftlich das Wahlergebnis und entwickelten Ideen für das gemeinsame Engagement in den kommenden vier Jahren. Zunächst aber hatten wir Besuch von Prof. Dr. Rainer Schlegel.
Reform des Statusfeststellungsverfahrens (SFV)
Statusfeststellungsverfahren ist, wenn die Deutsche Rentenversicherung mittels diverser untauglicher Kriterien jegliche Arbeit von Selbstständigen als abhängige Beschäftigung identifiziert und Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in nicht unerheblicher Höhe nachfordert. So überspitzt, so allzu häufig leider wahr. Daher setzen sich die in der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände (BAGSV) versammelten Mitglieder seit Jahren für eine Reform des Verfahrens ein. Wir haben hier bereits darüber berichtet. Insofern waren alle Anwesenden froh, dass kein Geringerer als Prof. Dr. Rainer Schlegel, von 2016 bis 2024 Präsident des Bundessozialgerichts, unser Treffen besuchte. Er ist ein ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet (irgendwie logisch) und, im Unterschied zu nicht wenigen seiner Kolleg:innen, den Selbstständigen wohlgesonnen. Das heißt, er erkennt an, dass sich die Arbeitswelt verändert (hat) und dass man dem bei der Statusfeststellung Rechnung tragen muss. Damit war er ein mehr als gern gesehener Gast.

Es entspann sich ein reger Austausch, der trotz allem nicht ohne Kontroverse blieb. Zum Beispiel über die Frage, ob Selbstständige bei der Erstellung von Angeboten oder bei der Rechnungslegung mit Stundensätzen arbeiten sollten. Professor Schlegel argumentierte, dass die Arbeit mit Leistungspreisen Ausdruck des für die Selbstständigkeit wichtigen Wesensmerkmals »unternehmerisches Risiko« sein kann. Denn so sind die Auftragnehmer:innen veranlasst, einen Preis zu kalkulieren und das Risiko einer Fehlkalkulation zumindest bis zu einem bestimmten Punkt in Kauf zu nehmen. Während wir von der AGD dem wenig überraschend etwas abgewinnen können, argumentierten einige der anwesenden Verbandsvertreter:innen, dass es Stunden- oder Tagessätze bräuchte, vor allem wenn zu Beginn der Arbeit noch nicht klar wäre, wohin sich ein Projekt entwickeln würde. (Wir hätten auch dafür eine Idee. ;))
Nach der Wahl ist vor …?
Nach zwei lebendigen Stunden mit Professor Schlegel kehrten wir zur politischen Katerstimmung zurück. Es ist völlig normal und durchaus in Ordnung, dass Zeiten der Koalitionsverhandlung Zeiten der Ungewissheit sind. Eher so inakzeptabel ist, dass sich jetzt schon wieder abzeichnet, dass die Selbstständigen mit ihren Anliegen und Forderungen mal wieder eine Randnotiz zu werden drohen. Daher haben die Mitglieder der BAGSV auch flugs eine Petition auf den Weg gebracht, um den Selbstständigen eine laute Stimme und damit Gehör zu verschaffen. Daneben muss es jetzt darum gehen, im sehr neu zusammengewürfelten Bundestag die richtigen Ansprechpartner zu finden. Hier haben wir uns verständigt, wer wen wie gut kennt und zu wem Kontakt aufnehmen kann. Denn wir wollen schnell ins Arbeiten kommen und zum Beispiel im Sommer wieder zum Parlamentarischen Frühstück laden, um unsere Anliegen im Gespräch zu halten.
Mehr als die Summe seiner Teile
Ja, es ist unser gebetsmühlenartiges Mantra, aber nirgends sonst als bei der BAGSV erleben wir unmittelbarer, was es bedeutet, wenn viele zum Teil wirklich sehr unterschiedliche Player für eine Sache gemeinsam mit geeinten Kräften an einem Strang ziehen. Dies umso mehr, als wir uns bewusst sind, dass die Zeiten nicht besser werden. Wohl eher im Gegenteil. Allem Gegenwind und allen Widrigkeiten zum Trotz schweißt das nur noch mehr zusammen. Eine großartige Erfahrung, die maßgeblich dem Zusammenspiel mit unseren Mitstreiter:innen zu verdanken ist. (Zu denen gehört seit Kurzem auch der Hebammenverband mit 22.000 Mitgliedern. Seitdem rätseln wir, wie viele Kinder der insgesamt zur Welt gebracht hat. ☺️)
Fortbildungen
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