Was ist die Aktivrente?
Die Aktivrente ist die aus der Zeit gefallene Idee rückschrittlicher Politiker:innen, die glauben, mit wirtschaftspolitischen Instrumenten aus den 60-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts einen Fachkräftemangel beheben zu müssen. Das ganz ehrlich zum Einstieg und zur grundsätzlichen Einordnung aus unserer Sicht. Sie eröffnet Menschen in den letzten Jahren ihres Berufslebens Chancen, das unbenommen. Damit nimmt sie denjenigen die Chancen, die gerade nachwachsen, ins Berufsleben eintreten, Ressourcen und Ideen mitbringen, die wir genauso dringend brauchen wie die Erfahrung derjenigen, für die die Aktivrente gemacht wird. Normalerweise halten wir uns mit solchen Bewertungen zurück, und wir werden auf keinen Fall unser Engagement einstellen, die Aktivrente auch für selbstständige Designer:innen zugänglich zu machen. Aber dies ist ein Tiefpunkt, der nicht unkommentiert bleiben darf.
Abgesehen davon ist die Aktivrente ein geplanter Steuerfreibetrag von 2.000 Euro pro Monat (24.000 Euro pro Jahr) für Menschen, die nach Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze weiterarbeiten. Starten soll die Regelung am 1. Januar 2026. Der Freibetrag gilt ausschließlich für sozialversicherungspflichtige Beschäftigung – also für Arbeitslohn aus abhängiger Tätigkeit. Einnahmen aus selbstständiger Arbeit, freien Berufen oder Land- und Forstwirtschaft sind nicht begünstigt. Zudem wird der Freibetrag bereits im Lohnsteuerabzug berücksichtigt.
Progressionsvorbehalt fällt weg
Im aktuellen Entwurf ist vorgesehen, dass der begünstigte Arbeitslohn nicht dem Progressionsvorbehalt unterliegt. Normalerweise erhöhen bestimmte steuerfreie Bezüge (z. B. Elterngeld) den persönlichen Steuersatz für das übrige Einkommen. Der Verzicht darauf macht die Aktivrente zusätzlich attraktiv – vor allem für Personen mit höheren Gesamteinkünften, weil der steuerfreie Betrag weder versteuert wird noch den Steuersatz auf andere Einkünfte erhöht. Das ist ungerecht den mittleren und geringen Einkommen gegenüber.
Wer profitiert und wer nicht?
Begünstigt werden Rentner:innen, die über 67 (bzw. die einschlägige Regelaltersgrenze) hinaus als Angestellte arbeiten. Selbstständige bleiben außen vor – auch dann, wenn sie über die Künstlersozialkasse (KSK) kranken-, pflege- und rentenversichert sind. Die Gleichstellung der KSK bei Sozialversicherungs-beiträgen ändert nichts daran, dass der steuerliche Freibetrag ausschließlich für nichtselbstständigen Arbeitslohn gilt.
Diese Abgrenzung ist nicht in Ordnung. Selbstständige Designer:innen arbeiten überdurchschnittlich oft auch jenseits der Regelaltersgrenze – aus Leidenschaft, aus Verantwortung gegenüber Auftraggeber:innen und Teams, aber auch, weil Projektwissen und Netzwerke nicht von heute auf morgen ersetzbar sind. Eine steuerliche Förderung, die nur Angestellte belohnt, verfehlt daher die Realität unserer Branche und verletzt den Grundsatz gleicher steuerlicher Rahmenbedingungen für gleichwertige Arbeit.
Warum KSK-Versicherte besonders betroffen sind
Für Designer:innen, die über die KSK versichert sind, wirkt die Schieflage doppelt: Sozialversicherungsrechtlich sind sie Arbeitnehmer:innen ähnlich gestellt – steuerlich sollen sie aber keinen Vorteil aus der Aktivrente ziehen. Das Ergebnis: Während ein:e 67-jährige:r Angestellte:r bei gleicher Tätigkeit 2.000 Euro monatlich steuerfrei erhält, muss ein:e 67-jährige:r selbstständige:r Designer:in denselben Betrag voll versteuern. Dieser Unterschied entsteht allein durch die Rechtsform der Erwerbstätigkeit – nicht durch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.
Evaluierung ist angekündigt – wir drängen auf Nachbesserungen jetzt
Wir sind bereits im Gespräch mit der Künstlersozialkasse und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), um die Folgen für selbstständige Künstler:innen und Publizist:innen deutlich zu machen und Lösungswege zu diskutieren. Außerdem haben wir uns an der umfassenden Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände (BAGSV) zum Referentenentwurf vom 9. Oktober 2025 beteiligt. Darin fordern wir zusammen mit 25 anderen Verbänden, die Selbstständigen von Anfang an in die Aktivrente einzubeziehen, statt sie auf unbestimmte Zeit zu vertrösten.
Die Wirkung der Aktivrente soll nach zwei Jahren evaluiert und bis Ende 2029 geprüft werden, ob eine Erweiterung auf Selbstständige zusätzliche Wachstumsimpulse schafft. Wir begrüßen die Evaluierung – aber: Fairness sollte nicht erst am Ende des Jahrzehnts kommen. Wir setzen uns dafür ein, dass KSK-Versicherte und andere Selbstständige zeitnah einbezogen werden oder zumindest gleichwertige steuerliche Instrumente erhalten. Unseren Mitgliedern stehen wir bis dahin gern beratend zur Seite, wenn sie Optionen prüfen und erproben wollen, mit denen sie sich den angekündigten Freibetrag auch als Selbstständige nutzbar machen können.
Bis 14.11.2025 haben alle, die unsere Bemühungen, die Aktivrente auch selbstständigen Designer:innen zugänglich zu machen, die Möglichkeit, eine Bundestagspetition zu zeichnen. Erreichen wir das nötige Quorum, muss das Thema im Parlament verhandelt werden.
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