Auch wenn die Grippe kurzfristig die Reihen doch noch etwas gelichtet hatte, waren 16 Mitgliedsverbände mit wenigstens einem:r Vertreter:in anwesend. Das war notwendig, lag das letzte Treffen in dieser Form fast acht Jahre zurück. Abgesehen davon, dass es immer gut ist, nach einem solchen Zeitraum mal wieder fürs Grundsätzliche zusammenzukommen, hatte sich im Designtag seit 2017 viel getan und verändert.
Straffes Programm an schönem Ort
Die Location hätte besser kaum gewählt sein können; man traf sich im Kesselhaus der renommierten Designagentur »WirDesign«. Deren Gründer haben seinerzeit, also in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, zusammen mit vier anderen Agenturen den Selbstständige Designstudios (SDSt) e.V. gegründet und sind seitdem Tarifpartner der AGD für den Vergütungstarifvertrag Design (VTV Design). Abgesehen davon haben sie wunderbare Geschäftsräume, in denen es sich gut tagen ließ.
Viel Zeit fürs Informelle blieb zunächst nicht, den es galt, ein umfangreiches Programm zu bewältigen. Dabei ging es natürlich um den schnellen, kompakten zurück auf das Erreichte seit der Gründung des Deutschen Designtags 2016. Aber vor allem waren wir dort zusammen, um den Blick in die Zukunft zu richten und unserem Dachverband eine Agenda für die Jahre bis 2035 zu geben. Wer wollen wir sein? Was wollen wir tun? Warum wollen wir es tun?
Vier Fragen in fünf Minuten pro Mitgliedsverband
Es war ambitioniert, allen anwesenden Verbänden Zeit für die eigene Vorstellung einzuräumen. Man kennt das aus anderen Zusammenhängen; fünf Minuten sind eine relative Zeitspanne. Darum waren alle aufgefordert, vier Fragen zu beantworten:
- Wer sind wir?
- Was tun wir?
- Was erwarten wir vom Designtag?
- Wie wollen wir uns in den Designtag einbringen?
Wir waren vertreten durch unsere Vorstände Jan-Peter Wahlmann und Thomas Hoyer, die Geschäftsführerin Victoria Ringleb sowie unsere Mitglieder Claudia Eustergerling und Bert Odenthal – und hatten unsere Hausaufgaben gemacht. Und wie so oft, wenn der Verbandsname mit »A« beginnt, waren wir die ersten, die ihre fünf Minuten bekamen, um vier Fragen zu beantworten, und machten den Auftakt mit einem kleinen Donnerschlag oder auch Erdbeben, indem wir die vierte Frage so beantworteten: Im Jahr 2030 gibt es EINEN Berufsverband für alle selbstständigen Designer:innen. Wir waren vorher gespannt, was folgen würde, und dürfen entspannt feststellen: Wir sind nicht nur alle noch lebendig. Vielmehr gab es im Laufe der zwei Tage insgesamt eher interessierte Nachfragen, wie das aus unserer Sicht funktionieren könnte, wo auch brüske und brüskierte Zurückweisung hätte kommen können. Was sagt uns das? Auch die anderen Berufsverbände beginnen einzusehen, dass diese »Kleinstaaterei« im 21. Jahrhundert wenig sinnvoll ist und wir sehr viel mehr erreichen können, wenn wir uns zusammentun. Das war ein guter Auftakt für uns.
Kaleidoskop der Möglichkeiten
Nachdem wir alle einen guten Einstieg hatten, einander besser kennenzulernen, ging es sehr schnell in medias res. In Gruppenarbeiten (Es wurde strikt darauf geachtet, dass in keiner Gruppe mehr als ein:e Vertreter:in eines Verbandes ist. Das funktionierte nur bei der Illustratoren-Organisation nicht so richtig, weil die mit der halben Mitgliedschaft erschienen ist. :-)) entwickelten wir mögliche Zukünfte des Dachverbandes in einer sich immer schneller ändernden Welt. Dabei wurde an vielen Stellen sichtbar und spürbar, wie wichtig Design und seine Wirksamkeit sind bei der Gestaltung und positiven Entwicklung der Welt. Davon ausgehend konnten wir dann die Rolle definieren und ausgestalten, die ein Dachverband der Branche dabei spielen kann. Un en passant haben wir viele interessante und interessierte Kolleg:innen kennen gelernt, und so manche:r war erstaunt, dass es Menschen gibt, die KI nicht nur teuflisch finden.
Lobbyarbeit im positiven Sinne des Wortes
Wenig überraschend ist die Vertretung der Interessen der Branche eine der wesentlichen Aufgaben eines Dachverbandes. Dass dies die Erwartung der Mitgliedsverbände ist, hat die Veranstaltung eindrucksvoll bekräftigt. Um zu sehen, wie es gehen kann, weil andere es so tun, hatten wir am zweiten Tag Besuch von Gastredner Helmut Verdenhalven vom Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV). Er gewährte spannende Einblicke in seinen Alltag als Lobbyist. Der ausgebildete Rechtsanwalt berichtete nicht nur auf informative und unterhaltsame Weise über seinen Beruf, sondern gab auch zahlreiche Tipps und Empfehlungen, die sich hervorragend auf eine Organisation wie den Designtag übertragen lassen. Ein Beispiel hierfür ist die bei Rechtsanwälten beliebte Fragestellung: »Wer will was von wem woraus?«
Verdenhalven hob hervor, wie entscheidend es sei, eine gemeinsame und starke Stimme zu entwickeln. Ein Projekt, das von gerade mal 10 Prozent der Mitglieder unterstützt werde, habe als Verband keine Aussicht auf Erfolg. Ebenso wichtig sei es, eine klare und kraftvolle Botschaft zu formulieren, die Gegenspieler zu kennen und einen Teamgeist zu schaffen, um Ehrenamtliche optimal einzubinden.
Bezüglich prägnanter Botschaften präsentierte er einige anschauliche Beispiele aus der Designbranche: »Ohne die Kreativindustrie würden wir alle nackt auf der Wiese sitzen«, »Schlechtes Design ist tödlich« und »Design ist Zukunft – ohne unsere Ideen ist alles nichts«.
Am Ende ein Brief
Die Ergebnisse der Gruppenarbeiten mündeten in einen Brief (von wem auch immer an wen auch immer), der so im Jahr 2035 geschrieben werden könnte. Da war keiner dabei, von dem wir sagen würden: »Das wollen wir aber nicht lesen!« Und sie dokumentierten auf eindrückliche Weise, dass wir uns verbandsübergreifend einig sind, wohin die Reise mit der Branche und ihren Playern gehen muss: Sie muss so sichtbar und einflussreich werden, wie es mal diese andere Industrie da war … ach ja, die Autobauer. Nur, dass wir zu keinem Zeitpunkt aufhören wollen, uns selbst sowie Gesellschaft, Wirtschaft und Staat weiterzuentwickeln.
Ganz am Ende Zufriedenheit und Optimismus
Der Konvent des Designtages war eine gelungene Veranstaltung, und wir danken den Verantwortlichen dafür. Für uns als AGD war er auf besondere Weise wichtig. Denn unser Vertreter in Vorstand und Präsidium des Designtages Torsten Meyer-Bogya wird zum Ende der laufenden Legislatur seine Ämter niederlegen. Das heißt, für uns war es auch eine Verortung, wie wir uns künftig im Dachverband engagieren wollen.
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