Design(er) erfolgreich in Essen

Zeche Zollverein, Foto: Herbert Popp

Am 22. und 23. März tagte die AGD im Red Dot Design Museum in Essen, zunächst mit dem Vortragsreigen „Mit Design erfolgreich sein“ und danach mit ihrer jährlichen Mitgliederversammlung.

Trotz strömenden Regens, der zunächst Schlimmstes befürchten ließ, folgten mehr als 80 Designer unserer Einladung zur Vortragsveranstaltung „Mit Design erfolgreich sein“, die ganz im Zeichen unseres neuen Beraternetzwerkes „Kollegen beraten Kollegen“ stand. Und im Zeichen des veränderten Berufsbildes … aber das ergab sich im Laufe des Nachmittags und der vier Vorträge.

Agile Geschäftsmodelle

In ihrem Vortrag „Gestaltungsspielräume bei der Designvergütung“ zeigten AGD-Justiziar Alexander Koch und AGD-Geschäftsführerin Victoria Ringleb, wie sich sowohl werkvertraglich als auch lizenzvertraglich Honorarvereinbarungen treffen lassen, die den veränderten Anforderungen an Designleistungen für die unterschiedlichen Kundengruppen und Auftraggeber genauso gerecht werden wie den berechtigten Ansprüchen an eine angemessene Vergütung der Designer. Abwechselnd betrachteten sie anhand von drei typischen, immer wiederkehrenden Fällen der AGD-Beratung unternehmerische und rechtliche Aspekte solcher Vergütungsmodelle wie Erlösbeteiligung, Lizenzvergabe, Ratenzahlung, Vereinbarung von Folgeaufträgen oder Zweitverwertung, wobei sie für den Fleischer um die Ecke genauso eine Lösung bereithielten wie für den Fleischer um die Ecke, der neuerdings einen Webshop betreibt, oder das Start-Up-Unternehmen, das für 200 EUR ein Audi-Image (vor dem Dieselskandal) haben möchte. für die der aktuelle VTV Design eine gute Grundlage ist, weil er Orientierung bietet, wie das dreiteilige Vergütungsmodell bei der Entwicklung agiler Geschäftsmodelle helfen kann.

 

Foto: Herbert Popp
Victoria Ringleb, Foto: Herbert Popp

Erzählt uns eure Geschichte

Sabine Reister, AGD-Vorstand und Partnerin unseres Beraternetzwerkes „Kollegen beraten Kollegen“, nahm in ihrem Vortrag: „Was hat das Wetter mit dem Dreck zu tun? Oder Kaiserschmarrn mit Papier?“ das Publikum mit auf die Reise in die Welt des Geschichtenerzählens. Nicht irgendwelche, sondern ihre ganz eigenen, und zeigte auf, wie wir unsere Geschichten für unsere Positionierung, die Darstellung unserer Kultur und unserer Haltungen einsetzen können. Fast nahtlos konnte sie an die Fleischergeschichte ihrer Vorredner anknüpfen und berichtete über eine gelungene Kampagne von Rügenwalder. Denn die Macher der geflügelten Wurst wollten nicht weniger wissen, wann und wo ihre Kunden picknicken, und haben sie darum aufgefordert, ihre Geschichten mit ihnen und der Welt zu teilen. Sabine Reister dazu:

„Diese Form der Kommunikation miteinander ist in Deutschland noch ganz am Anfang. Es geht um die Antworten auf die Fragen: Mit wem habe ich es zu tun? Wie kann ich die Leute erreichen?“

Gelingen kann es, wenn wir zur Kenntnis nehmen und dem Rechnung tragen, dass die Interaktionen rund um unsere Leistungen nicht mehr nur zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer stattfinden, sondern dass viele Leute mit unterschiedlichen Rollen in unseren Geschichten Teil der Kommunikation sind.

 

Sabine Reister, Foto: Herbert Popp
Sabine Reister, Foto: Herbert Popp

Designregeln stehen Kopf. Designer nicht.

In ihrem Vortrag „Ganz schön übergriffig. Wie die Digitalisierung alte Designregeln auf den Kopf stellt“ gelang Annika Lyndgrun, AGD-Regionalsprecherin in Düsseldorf und Köln sowie auch Beraterin im Netzwerk „Kollegen beraten Kollegen“, die Referenz sowohl auf die Wurst als auch auf Audi. Wie das? Zum einen verwies sie anhand bemerkenswerter Stellenanzeigen, in denen Wurst- und Fleischdesigner gesucht werden, auf die „Verquarkung“ und „Verbreiigung“ des Designbegriffs (wir mochten das sehr:-), zum anderen veranschaulichte sie anhand des Audi-Redesign, wie sehr sich die Anforderungen an die Designer bei der Entwicklung eines Corporate Design geändert haben. Denn hier fordert die Digitalisierung unseren Tribut: Weniger ist mehr. Die entscheidende Übergriffigkeit sieht sie jedoch in der Demokratisierung von Wissen (siehe Wikipedia oder eben das Internet im allgemeinen) und Werkzeugen, sprich, die Beherrschung von InDesign allein ist weder Alleinstellungsmerkmal noch Wettbewerbsvorteil der Designer. Sie jedoch im Zusammenspiel mit Empathie in einer neuartigen, partnerschaftlichen Beziehung zum Kunden sind der richtige Mix, um sich heute als Designer erfolgreich am Markt positionieren zu können, denn

Wenn er selber gestalten will, lasse ich ihn.

PDF zum Vortrag als Download, wenn Sie im Mitgliederbereich eingeloggt sind :

Annika Lyndgrun, Foto: Herbert Popp
Annika Lyndgrun, Foto: Herbert Popp

 

Ernie oder Bert auf Pferd von hinten. Oder anders.

„Wir finden deinen Vortrag doof“, so oder so ähnlich hätten wir auf Andreas Jacobs, AGD-Botschafter für kreatives Arbeiten und ebenfalls Partner unseres Beraternetzwerkes „Kollegen beraten Kollegen“, mit seinem Vortrag „Jeder Meister weiß, auf das Werkzeug kommt es an“ reagieren können, wenn am letzten Donnerstag bei uns „Gegenteiltag“ gewesen wäre. War er nicht, aber schon sind wir mitten in der Welt des von ihm entwickelten und vorgestellten Kreativtools „Braingrids“. Bevor wir uns jedoch mit dem Tool selbst beschäftigten (und dabei jeder für einen Moment auch mal wieder über uns selbst kurz nachdachten), durften/mussten wir zur Einstimmung, Auflockerung und zum Perspektivwechsel Pferde zeichnen. Es ist immer wieder bemerkenswert zu sehen, wie wenig es dafür gelegentlich braucht, auch wenn niemand so wie Andrius Burba auf die Idee kam, das Pferd von unten zu zeigen. So vorbereitet stiegen wir mit dem Fallbeispiel eines Gründerzentrums mit leerstehenden Büros ein, das Andreas Jacobs mit Hilfe der Braingrids abgebracht hat vom wirkungslosen Flyer hin zu einer erfolgversprechenden Kampagne. Im Anschluss durfte jeder ein eigenes Braingrid erstellen mit den Spaßfaktoren der eigenen und anderer Professionen.

Andreas Jacobs, Foto: Herbert Popp
Andreas Jacobs, Foto: Herbert Popp

 

Und das Fazit?

Für Designer geht es offenbar immer mal wieder um die Wurst. Was auf jeden Fall klar geworden ist, ist die unverrückbare Tatsache, dass sich der Beruf ändert und dieser Wandel viele Aufgaben für uns bereithält aber mindestens genauso viele Chancen für jeden einzelnen birgt. Oder wie es eine Teilnehmerin uns schreibt:

das wetter hätte mich fast abgehalten.  und das war dann auch der preis für den gestrigen kostenlos zu nutzenden vortragsnachmittag: die rückfahrt hat mich nerven gekostet!
ABER ES HAT SICH GELOHNT!!!
die vorträger wussten, wovon sie sprachen und konnten es gut. annika lyndgrun hat allerdings den vogel abgeschossen: DAS sind infos, die viele von uns heute brauchen! wie können wir unsere gut ausgebildeten qualitäten in einem dauernd alles selbstlernenden umfeld noch verwenden: selber weiterlernen und die veränderung neugierig  und selbstbewusst mitmachen! ein absolut inspirierender input von ihr!
DANKE für diesen nachmittag!

Foto: Herbert Popp
Foto: Herbert Popp

Die AGD und der Wandel

Am Freitag, den 23. März fand die jährliche Mitgliederversammlung statt. Torsten Meyer-Bogya, erster Vorsitzender des AGD-Vorstands, führte uns souverän und umsichtig durch eine informative und jederzeit konstruktive Veranstaltung. Zum Einstieg stellte er die Ergebnisse unserer Arbeit im abgelaufenen Geschäftsjahr vor, hier insbesondere die der grundsätzlichen strategischen Arbeit des Vorstandes, die endlich in eine Vision, Mission und Ziele für die AGD führen konnte. Auch hier kommt immer wieder das veränderte Berufsbild zum Tragen. Die sich daran anschließende Aussprache war in jederlei Hinsicht intensiv, konstruktiv und von vielen interessanten Ideen aus der anwesenden Mitgliedschaft gekennzeichnet. Ein Thema, das alle bewegt, ist die Frage der Mitgliederzahlen, sowohl allgemein als auch mit Blick auf die bei der MV anwesenden Mitglieder. Wie schön, dass dann aus ihrem Kreise die Idee kam, dass jeder im kommenden fünf weitere Kollegen einladen und mitbringen will. Wir freuen uns darauf.

In jedem Fall gilt unser Dank dem Engagement der anwesenden Mitglieder, gemeinsam mit Vorstand und Geschäftsstelle die Anliegen der AGD so wertschätzend und konstruktiv beraten zu haben, wie sie es getan haben.

Abends haben wir bei einem exzellenten Buffet zwei spannende Tage ausklingen lassen, und wir wissen nicht, ob es die Braingrids waren oder die auf den Kopf gestellten Designregeln, aber wir durften uns freuen über kreative Lösungen, eine Weinflasche zu öffnen.

 

Torsten Meyer-Bogya, erster Vorsitzender der AGD, Foto: Herbert Popp
Torsten Meyer-Bogya, erster Vorsitzender der AGD, Foto: Herbert Popp

Der Veranstaltungsort zum Angucken und Anfassen

Den Abschluss bildete eine wunderbare Führung durch das Red Dot Design Museum, in dem wir zwei Tage konferiert hatten. Im beeindruckenden Ambiente der ehemaligen Zeche gibt es die aktuellen Preisträger des Red Dot Designpreises zum Angucken, Anfassen und Ausprobieren.

Red Dot Design Museum, Foto: Herbert Popp
Red Dot Design Museum, Foto: Herbert Popp

 

Wir danken dem Museum für den großartigen Veranstaltungsort und die wunderbare Zusammenarbeit sowie Annette Liese und Herbert Popp für die Fotos, die sie uns zur Verfügung gestellt haben.

 

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