5. BAGSV-Verbändetreffen in Sachen Selbstständigkeit

Am 14. Juni fand bereits das fünfte Treffen der im Februar 2017 von AGD und VGSD initiierten Bundesarbeitsgemeinschaft der Selbstständigenverbände statt. Rund 30 Vertreter von Berufs- und Selbstständigenverbänden sind aus diesem Anlass nach Berlin gekommen.

Auch Christa Weidner, Preisträgerin des Werner-Bonhoff-Preises des Jahres 2016,  nahm am Treffen teil. Sie berichtete über ihre eigenen leidvollen Erfahrungen mit dem Thema Scheinselbstständigkeit. Ihr Fazit: Mangelnde Kenntnisse und Fehlberatung sowohl der Auftraggeber als auch der Auftragnehmer verschärfen das vom Gesetzgeber geschaffene Problem. Als Konsequenz der bestehenden Unsicherheit werden immer mehr Aufträge ins Ausland vergeben. Auch die Menschlichkeit im Umgang mit „Externen“ geht vielerorts verloren. Viel Kraft und Nerven koste die Atmosphäre von Angst, die die Politik geschaffen hat.

Geteiltes Leid …?

Anschließend berichteten die Teilnehmer von ihren jeweiligen Gesprächen mit Politikern und Beamten sowie einer Vielzahl von Veranstaltungen zum Thema Selbstständigkeit, an denen sie – häufig auf dem Podium – teilgenommen hatten. Wir teilen uns innerhalb der bagsv solche Termine untereinander auf und informieren uns gegenseitig über deren Ergebnisse – teils in Form schriftlicher Berichte und natürlich bei unseren Treffen.

Bundesverband der Rentenberater berichtet

Anke Voss, Präsidentin des Bundesverbands der Rentenberater, und ihr Kollege Thomas Bastian waren unserer Einladung gefolgt und stellten ihren Verband, seine Geschichte und das Berufsbild des Rentenberaters vor. Auf großes Interesse stieß der Bericht von Thomas Bastian über die Arbeit der von ihm geleiteten Arbeitsgruppe „Statusfeststellungsverfahren“. In der anschließenden Diskussion wurden unabhängig davon sechs Ideen für eine Vereinfachung des Statusfeststellungsverfahrens diskutiert, wie sie ja im Koalitionsvertrag vorgesehen ist:

  • Die Dauer des Verfahrens sollte durch eine Frist begrenzt werden. Wird sie nicht eingehalten, ergeht automatisch ein Positivbescheid.
  • Es muss Transparenz über die ggf. branchenabhängigen Prüfkriterien geschaffen werden z.B. auf der Website des BMAS.
  • Die Höhe des Stunden- oder Tageshonorars im Verhältnis zu vergleichbaren Angestellten soll als Kriterium eine wichtige Rolle spielen.
  • Bei Einhalten gewisser, möglichst einfach verständlicher Positivkriterien muss eine rückwirkende Sanktionierung ausgeschlossen werden, sofern nicht Tatsachen vorsätzlich falsch dargestellt wurden.
  • Es sollen vom Gesetzgeber „freigegebene“ Musterverträge bereitgestellt werden, in deren Rahmen die Beauftragung Selbstständiger anzunehmen ist.
  • Durch das Vermeiden undefinierter Begriffe soll Rechtssicherheit geschaffen werden.

Bei der Diskussion zeigte sich: Die Kreativität der in der BAGSV organisierten Verbände bezüglich Lösungsideen – kombiniert mit dem Fachwissen der Rentenberater (z.B. über bewährte Regelungen, die es in ähnlicher Form an anderer Stelle im Sozialgesetzbuch gibt oder früher schon einmal gab, was eine entsprechende Gesetzgebung vereinfachen würde) bergen ein großes Potential für positive Synergieeffekte.

Petition gegen Abmahnmissbrauch

Auch Vera Dietrich war unserer Einladung gefolgt und erzählte, wie ihre persönliche Betroffenheit (Abmahnung und daraufhin folgende Klage aufgrund einer fehlenden Prozentangabe in ihrem Online-Shop) zu ihrem Engagement gegen den Abmahnmissbrauch führte. Sie berichtete über ihre Petition, ihre (ausgesprochen erfolgreiche!) Pressearbeit, ihre Arbeitsgruppe beim VGSD und wie sie die Mitglieder/Unterstützer zu Besuchen bei deren MdBs motiviert.

Anders als bei anderen Anliegen ist das Thema vergleichsweise unstrittig zwischen den Regierungsparteien (wobei es im Parlament viele Rechtsanwälte gibt, die in der Vergangenheit effektive Reformen ausgebremst haben). So hat sich aufgrund des von Vera Dietrich aufgebauten öffentlichen Drucks in Verbindung mit den Unsicherheiten bei der DSGVO-Umsetzung und der Angst vor diesbezüglichen Abmahnungen die Überzeugung unter relevanten Politikern entwickelt, dass es Handlungsbedarf gibt.

Reformbedarf zum Glück erkannt

Es bestehen tatsächlich gute Chancen auf eine zeitnahe Reform. Es ist zu hoffen, dass diese Regelungen dann zu einer wirksamen Lösung führen und nicht zu sehr aufgeweicht wird. Michael Nitsche vom Händlerbund bestätigte die Bedeutung und Wirksamkeit von Vera Dietrichs Petition. Mit beiden diskutierten wir, welche Ansätze nachhaltig zu einer Verbesserung führen könnten. Dabei spielte die Aufhebung des fliegenden Gerichtsstands, der Abbau von finanziellen Anreizen für die Abmahner und die Verpflichtung zur Verwarnung statt Abmahnung zumindest in Bagatellfällen eine wichtige Rolle, ebenso eine bessere Aufsicht über Abmahnvereine und der vereinfachte Nachweis von Missbrauch.

GKV-VEG: Halbierte Mindestbeiträge zum 01.01.19

Dr. Andreas Lutz berichtet von den Fortschritten beim Thema GKV-Mindestbeiträge: Diese sollen durch das GKV-Versichtertenentlastungsgesetz (GKV-VEG) halbiert werden. Die Gesetzesänderung soll bereits zum 01.01.2019 in Kraft treten. Er war mit Ralf Lemster und Jochen Clausnitzer bei der Verbändeanhörung (07.05.) zum Gesetzesvorhaben und berichtete von dieser. Die von Andreas Lutz geschriebene gemeinsame Stellungnahme wurde von einer großen Zahl von BAGSV-Verbänden mitgezeichnet, wofür er sich herzlich bedankte. Zudem hat sich das ARD-Magazin PlusMinus des Themas angenommen und einen guten Beitrag dazu gebracht, O-Ton der BAGSV-Sprecherin und AGD-Geschäftsführerin Victoria Ringleb inklusive.

The Winner Is …

Die BAGSV plant eigenen Medienpreis, um damit Anreize für eine ausgewogenere Berichterstattung über Selbstständige zu schaffen. Dazu hatte sich eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich zwischenzeitlich per Videokonferenz und bei einem Treffen in Berlin beraten hat. Sie hat Eckpunkte für einen solchen Medienpreis vorgeschlagen und bittet die Verbandskollegen, ab sofort aus ihrer Sicht besonders gut oder schlecht recherchierte Beiträge an sie zu senden.

Als nächsten Schritt wurde ein „Dry run“ verabredet: Beim nächsten Treffen werden die Mitglieder der Arbeitsgruppe diejenigen Veröffentlichungen vorstellen, denen sie – falls dann bereits eine Preisvergabe stattfinden würde – den Positiv- bzw. Negativpreis verleihen würden. Auf Grundlage der damit gemachten Erfahrungen soll dann die Einführung des Medienpreises beschlossen werden.

Save the date: Nächstes Verbandstreffen im November

Wie üblich haben wir beim Treffen auch gleich den nächstern Termin vereinbart, nämlich für Mittwoch, 28.11.2018, 10:30 bis 17:00 Uhr, wieder in den Räumen des Bundesverbands der Freien Musikschulen (bdfm) in der Hardenbergstraße 9A in Berlin. Interessierte Berufsverbände und Initiativen mit hohem Anteil an Soloselbstständigen können sich gerne ab sofort bei uns anmelden. Bei Bedarf werden die Verbände sich in der Zwischenzeit mittels Videokonferenz untereinander abstimmen oder bei für sie relevanten Veranstaltungen treffen.

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