BGH korrigiert die Recht­sprechung zur Schöpfungs­höhe von Design­leistungen.

Nicht einmal 10 Jahre ist es her, da bestätigte das Bundesverfassungsgericht im Fall des „laufenden Auges“ die bis zuletzt strenge Rechtsprechung des BGH (BVerfG, GRUR 2005, 410 – laufendes Auge). Das einprägsame Signet hatte der Berliner Grafiker Franz Zauleck 1993 im Auftrag der Allianz deutscher Designer (AGD) entworfen, das Design-Zentrum Nordrhein-Westfalen nutzte es für einen Wettbewerb.

Dass eine abgewandelte Form des „laufenden Auges“ später auch von einem Gewerbeverein in Umlauf gebracht wurde, sei hinzunehmen so der Richterspruch damals, da das Signet keinen Urheberrechtsschutz genieße. Eine Ungleichbehandlung von angewandter und zweckfreier Kunst läge nicht vor – über das Geschmacksmusterrecht erlangten Designerinnen und Designer immerhin kostenfrei eine Schutzfrist von drei Jahren, die sie durch Anmeldung auf bis zu 25 Jahre verlängern könnten. Die sogenannte „Kleine Münze“ als Maßstab für Schöpfungshöhe, reiche für angewandte Kunst nicht aus, hier sei ein sehr viel höherer Maßstab – „Große Münze“ – anzulegen, als beispielsweise bei Texten, Fotografien und Werken der bildenden Kunst.

Der Bundesgerichtshof hat das nun im Fall einer klagenden Spielzeugdesignerin neu bewertet und ein wegweisendes Urteil gefällt (I ZR 143/12 – Geburtstagszug). Ab sofort und zum Teil auch rückwirkend ist Schluss mit den Unterschieden zwischen den Werkarten freier und angewandter Künste. Da das Urteil auch Bezug nimmt auf die Geschmacksmusterrechtsreform 2004, könnten nun zahlreiche Verfahren über den Schutz kreativer Arbeiten der vergangenen 10 Jahre neu aufgerollt werden, von der angemessenen Vergütung bis hin zum Schadensersatz. Hinzu kommen Revisionen bei Rechtsstreitigkeiten mit Finanzämtern über die Einordnung von Grafikdesignern in gewerbliche Tätigkeiten oder im Zuge von Umsatzsteuer-Nachberechnungen.

Unsere Geschäftsführerin Victoria Ringleb begrüßt das Urteil: „Die AGD hat das ‚laufende Auge’ bis vor das Bundesverfassungsgericht gebracht und wir freuen uns darum umso mehr, dass es nun soweit ist: der BGH hat sich endlich für eine einheitliche Bewertung und kreativen und künstlerischen Arbeiten entschieden, unabhängig vom Designfachbereich oder der Kunstgattung.“ Auch der AGD-Vorstandsvorsitzende Andreas Jacobs befürwortet die Nachricht aus Karlsruhe: „Die Umsetzung dieser Rechtsprechung wird den Designer-Alltag verbessern: Wir werden weniger rechtlichen Fallstricke und Unwägbarkeiten ausgesetzt sein. Die angemessene Wertschätzung von Designleistungen ist im juristischen Bereich nun erreicht.“ Zunächst gibt es allerdings erst einmal viel Arbeit, denn es muss nun für die konkrete Rechtsprechung definiert werden, wie die Schöpfungshöhe der „Kleinen Münze“ bei Designleistungen konkret gefasst wird.

Der 13. November 2013 ist ein guter Tag und ein wichtiges Datum für die deutsche Designbranche – darüber sind sich alle hier in der Allianz deutscher Designer einig.

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