Bericht: Buchmesse 2018

Ein wunderschöner Sonnenaufgang begleitete meinen Weg nach Frankfurt zur Buchmesse, Gastland Georgien. Ich muss gestehen, ich musste googeln, wo Georgien genau liegt: rechts des Schwarzen Meers, umgeben von Russland, Aserbaidschan, Armenien und Türkei. Möchte man nach Georgien mit dem Auto kann man nördlich oder südlich des schwarzen Meeres entlang fahren. Nimmt man den Weg durch die Türkei südlich des schwarzen Meers entlang sind es 3791 km und 42 Std. Die Fahrt über Polen und Ukraine ist 3462 km lang und dauert 46 Std. und eine ordentliche Strecke führt per Fähre über das Schwarze Meer. Aber dieses Jahr kommt Georgien nach Frankfurt, wir müssen also gar nicht selbst hinfahren.

Ich liebe es morgens so früh wie möglich auf die Buchmesse zu gehen: dann ist alles noch aufgeräumt, die Gänge sind frei von Menschenmengen, die Aussteller noch frisch und guter Dinge. Diesmal bin ich sogar zu zweit: es sind Herbstferien und meine 15jährige Tochter ist mitgekommen und wir starten in meiner Lieblingshalle:

3.0 Kinderbücher

Geht es Euch auch so? Die Kinderbuchabteilung erfüllt mein Herz mit Begeisterung, ich liebe die Illustrationen, die Farben, und wunderschön gestaltete Bilderbücher. Da wäre ich einfach gerne wieder Kind und möchte mein Kinderzimmer mit Geschichten und Gestalten füllen. Gäbe es einen Preis für den schönsten Stand, dann wäre Coppenrath wahrscheinlich immer ganz weit vorne (klick auf die Fotos):

Agora

Der Tag führt uns beständig weiter, doch die Beine wünschen sich eine Rast, die Kehle auch. Also machen wir einen Stopp im YOGI TEA Lesezelt und stärken uns in schöner Atmosphäre bei leckerem Gewürztee und lauschen den Autoren.

 

4.0 Internationale Verlage

Wenn man einen Asien/Korea/Manga-Liebhaber dabei hat, dann zieht es einen natürlich wie magisch zur Abteilung Asien. Hier findet man von größtem Kitsch auf Hochglanz bis hin zu alt-asiatischer Papier- und Pinselschreibkunst alles. Besonders begeistert bin ich von Hung Hsin-Fu, einem Pop-up-Künstler aus Taiwan. Allein die Visitenkarte hat es mir schon sehr angetan. Seine Pop-ups sind nicht nur faszinierend anzusehen, er nutzt mitunter auch die Geräusche, die Papier macht, wenn sich Sägezähne an Papierkanten entlangbewegen, oder Papier schwungvoll gezogen wird. Natürlich muss ich sofort an unseren AGD-Kollegen Peter Dahmen denken, der uns schon oft mit seiner Pop-Up-Kunst fasziniert hat.

 

Auch faszinierend war ein Stand mit chinesischen Kalligrafie-Lernmitteln. Eigentlich für Kinder gedacht, fordern die Schriftzeichen und die verschiedenen Pinsel meine ganze Aufmerksamkeit. Ein ganz besonderes Werkzeug zieht mich in den Bann: eine Matte mit einer hellen Gaze, die, wenn sie nass wird, schwarz wie mit Tinte erscheint. Nach dem Trocknen ist sie wieder weiß (AGD mit Wasser geschrieben).

Die Buchmesse eignet sich natürlich auch hervorragend zum Netzwerkeln. Als Teilzeit-Illustrator lernt man andere Illustratoren beim Schlange-Stehen zu den Illustratoren-Sprechstunden der Verlage. So nutzte ich die Kaffee-Zeit um mich endlich mal wieder mit einem vor Jahren in einer solchen Schlange kennengelernten Illustrator Axel Nicolai auszutauschen und neues über die Höhen und Tiefen und Sonderheiten seines Illustratoren-Berufs zu hören.

4.1 THE ARTS+ (Futur of Cultur Festival)

Weiter geht es in die Halle, die u.a. ein Konglomerat  aller zu sein scheint, die sonst nirgendwo so richtig reinpassen. Für mich aus der Druckbranche sind die Fairbags aus altem Drucktuch natürlich ein besonderer Hingucker und auch wenn es kein Buch ist scheint es hier genau hinzugehören.

Weiter gehts in die Moderne und zur VR-Welt. Da ich mich im letzten Jahr intensiv mit einigen Ausstellern beschäftigt habe, laufe ich allein weiter und nutze diese Abteilung zum „Kindparken“ (dafür waren diese Wackelfahrzeuge ursprünglich ja auch mal gedacht, oder?).

 

Zwischen einer Mixtur aus schrägen Ständen, Projekten und Kunst finde ich auch endlich Georgier: Zwei nette junge Typen zeigen und erklären mir die Faszination des georgischen Alphabets und deren Schrift. Ich bekomme etwas von Phonem und Geschichte dieser Schrift erzählt, verstehe fast nur Bahnhof und bin fasziniert von den runden, weichen Buchstaben. Am liebsten würde ich mich dazu setzen und anfangen zu kalligrafieren. Unser AGD-Kollege und Kalligraf Thomas Hoyer wäre bestimmt auch begeistert gewesen.

  

Dann plötzlich stehe ich vor dem Stand unseres Kooperationspartners Hessen Design und bestaune die tollen Projekte der Hessen Design Competition. Nachhaltigkeit spielt bei den Objekten eine große Rolle und so bin ich fasziniert von der Idee einer multifunktionalen Kapuze (warum ist da noch nie jemand vorher auf die Idee gekommen?) sowie den aus zermalenem Bauschutt produzierten Fliesen. Herzlichen Glückwunsch an alle Gewinner!

Weil schön und scheinbar ökologisch einigermaßen sinnvoll möchte ich diese wirklich riesige Mooswand von Ulmer zeigen. Ich google Indoor-Mooswand und erfahre, dass dafür Mumienpflanzen verwendet werden … dies sind Pflanzen, deren Wasser durch eine abbaubare Präparierflüssigkeit ersetzt wurde. Die Pflanze kann weiterhin Feuchtigkeit aus der Luft aufnehmen und abgeben und das ganze kann bis zu 15 Jahren halten. Seltsam.

Der Messetag neigt sich schon dem Ende zu. Kurz vor Schluss hat sich Felix Scheinberger beim Verlag Hermann Schmidt angekündigt. Da zieht es mich dann auch hin und ich blättere in den ersten Exemplaren seines neu erschienen Buches und  notiere mir eifrig noch weitere Bücher für meine Wunschlist. Mich beschleicht das Gefühl, dass ich dieses Jahr an Weihnachten hauptsächlich  Bücher geschenkt bekomme.

 

Die Füße sind platt, ich kann keine Messeluft mehr ab. Aber auf dem Weg nach draußen lief mir doch direkt noch ein alter Bekannter aus meiner Kinderzeit über den Weg (all diese Jahre, die ihm scheinbar nichts angetan haben – faszinierend). Für ihn habe ich natürlich noch etwas Zeit.

Sehr schade finde ich, dass ich es nicht zum Georgien-Pavillon geschafft habe. Dafür hätte ich gerne noch etwas mehr Zeit und Energie gehabt. Vielleicht muss ich doch mal den Weg durch die Türkei südlich des schwarzen Meers entlang nehmen und bin nach 3791 km und 42 Std Fahrzeit in Georgien? Allein die wunderschöne Kalligrafie wäre es wert.

Auf jeden Fall komme ich nächstes Jahr wieder, mit viel Energie, guten Laufschuhen und ordentlichem Durst auf Yogi-Tee.

Eure Nicole Kreye

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