Konflikte in der Kundenkommunikation.

Wie reden Sie eigentlich mit mir?

Die meisten von uns mögen keine Konflikte, aber sie sind im Arbeitsalltag normal und unvermeidlich. Sie sind sogar notwendig, denn mitunter schaffen erst sie die Basis für notwendige Klärungen und Veränderungen. Das Problem bei Konflikten ist in der Regel auch nicht ihr Auftreten, sondern wie wir mit ihnen umgehen.

Konflikte sind überwiegend von Gefühlen begleitet, was auch erklärt, warum sie so oft aus dem Ruder laufen und kein Lösungsweg möglich scheint. Der Grund hierfür ist einfach, weil wir im Konfliktfall zuerst mit negativen Gefühlen reagieren – sie sind schneller präsent als unser Verstand – und das blockiert oft den Sinn für das Rationale und Vernünftige. Unser biologisch fundiertes Verhaltensmuster lässt uns auf einen Konflikt reflexartig mit Flucht, Angriff oder Verteidigung reagieren. Zudem fühlen wir uns, da wir Designer meistens einen emotionalen Bezug zu unseren Werken haben, auch in sachlich motivierten Konflikten schnell in unserem Selbstwert und auf der Beziehungsebene angegriffen.

Klassischerweise beginnt jeder Konflikt mit dem Äußern eines Problems oder einer Forderung, zu der wir Stellung beziehen müssen. Und schon fängt es an heikel zu werden, denn wir beziehen sofort eine feste Position, die unserem inneren Wertesystem oder unserem Verständnis entspricht. Positionen sind im Grunde genommen selbstüberlegte, also vorweggenommene Lösungen. Diese sind natürlich ideal, schon weil sie mit niemandem außer uns selbst verhandelt sind. In der Regel befindet sich unsere Position in deutlicher Abgrenzung zu der des Anderen, die Folge ist eine Auseinandersetzung im Wortsinne.

Damit ist die Anzahl möglicher Lösungen automatisch eingeschränkt: Es gibt nur noch zwei, im Extremfall ein »Entweder – Oder«. Das Problem soll dann gelöst werden, indem die andere Seite gefälligst nachgibt, was die Fronten atmosphärisch verhärten wird. Werden die Positionen noch mit einem fordernden Appell geäußert, wird die andere Partei, da von ihr ein Nachgeben abverlangt wird, automatisch mit Abwehr reagieren. Durch derartiges Kommunikationsverhalten ist die Beziehungsebene verletzt (woran sich der Unterlegene dauerhaft erinnern wird), eine einvernehmliche Lösung kann so kaum entstehen.

Das Ziel in einer Konfliktkommunikation sollte aber – schon um die Geschäftsbeziehung intakt zu halten – daher immer sein, die Beziehungsebene zu meiden. Das ist unabdingbar, um eine vernünftige Lösung für beide Seiten zu finden.

Der Konflikt ist da – wie reagiere ich?

Natürlich reagieren wir bei einer meist plötzlich auftretenden Kontroverse mit unseren Emotionen, das ist normal und ein evolutionärer Schutzmechanismus. Sie dürfen also Ihrer Enttäuschung, Ihrer Angst oder Ihrer Wut Raum geben. Da diese Gefühle aber einer Geschäftsbeziehung abträglich sind, sollten Sie schon deshalb in dieser Phase keinen sofortigen Kontakt zum »Verursacher« aufnehmen. Lassen Sie möglichst eine angemessene Frist von einem oder zwei (aber nicht mehr als drei) Tagen verstreichen, das wird Ihre Verhandlungschancen erhöhen. Apropos Kommunikation: Suchen Sie sich nicht unnötig Verbündete, indem Sie Ihren Bekannten-, Kollegen- und Freundeskreis sofort wissen lassen, was der Andere für ein Vollpfosten ist. Sie würden dadurch eine Streitmacht hinter sich scharen, die Sie auf dem Laufenden halten müssen und die indirekt Druck für eine härtere Gangart auf Sie ausübt. Eine Ausnahme ist natürlich Ihre Partnerin oder Ihr Partner, die müssen das aushalten können, schließlich gehört das zum Leistungsspektrum einer Partnerschaft dazu.

Nutzen Sie nach dem langsamen Abrauchen über den Ärger Ihre 24-, 48- oder 72-stündige Kontaktsperre, um sich zu fragen, was der Grund ist, dass Sie Ihre Position im aktuellen Konflikt so rasch beziehen. Was also sind Ihre persönlichen Motive, Ihre Befürchtungen oder Ihre Interessen? Wenn die Ihnen klar sind, haben Sie oft mehr Optionen für Ihre Stellungnahme und eine mögliche Verhandlung. Denn Sie können nun gezielter nachfragen, Sie können Ihre eigentliche Motivation besser erörtern und begründen. Das ist wesentlich effizienter als wenn Sie sich, wie es so oft geschieht, hinter formalen Erwägungen verschanzen, die eventuell keinen Bestand haben werden. Und bereiten Sie vor allem alternative Lösungswege vor, die sowohl ihren eigentlichen Beweggründen gerecht werden aber auch die des Verhandlungspartners im Auge haben. Sie werden die Vorschläge brauchen, wenn nach einer gemeinsamen Lösung gesucht wird.

Die Erfahrung zeigt, dass es unklug ist, wenn Ihre Emotionen dazu führen, nun Ihrerseits eine Drohkulisse aufzubauen. Auch wenn diese Reaktion menschlich ist, werden Verletzungen nicht dadurch geheilt, dass hohe Gegenforderungen gestellt werden. Ein klassisches Beispiel ist, dass einem Kunden, der offene Produktionsdateien wünscht, eine hohe Rechnung für weit zurückreichende Nutzungsrechte gestellt wird. Das wird nicht funktionieren, schon rechtlich gesehen nicht.

Vorbereitete Konfliktgespräche führen zu besseren Ergebnissen

Bereiten Sie sich lieber auf die Kontaktaufnahme vor. Der schlechteste Kommunikationsweg ist das Scheiben einer E-Mail, weil wir in Konflikten zu einer schärferen und »institutionelleren« Ausdrucksweise neigen. Außerdem ist es dem Anderen bei einer E-Mail freigestellt, ob oder wann er reagieren mag. Das Telefon ist zwar nicht ideal aber schon deutlich besser, weil wir durch unsere Stimme einen wirksameren Kommunikationskanal haben, und beide Seiten unmittelbar reagieren können. In wichtigen Angelegenheiten ist ein Termin das Sinnvollste, denn Sie verfügen dann über weitere Kommunikationsmöglichkeiten wie Gestik, Mimik und Körperpräsenz. Zudem sind Geschäftstermine in der Regel auf eine gemeinsame Lösung und ein tragfähiges Ergebnis ausgerichtet.

Sind Sie auf dem Termin derjenige, der eine Forderung erhielt, wird die andere Seite ihre Wünsche und Ziele zuerst aussprechen, in der Regel ist es eine Wiederholung des bereits Bekannten. Ihre Widerrede sollte nun damit beginnen, dass Sie zunächst Ihre schon gedanklich bearbeiteten Gründe für Ihren Standpunkt und Ihre Interessen vortragen, dann folgen Ihre Bedürfnisse, Wünsche und Ziele. Denn Standpunkte und Interessen zu klären und zu verhandeln ist einfacher als mit festgefügten und fordernden Positionen umzugehen.

Wenn Sie über Ihre Beobachtungen, Gefühle, Enttäuschungen, Befürchtungen etc. reden, machen Sie das grundsätzlich als Ich-Botschaft. Das hat wirksame Vorteile, weil sich Ich-Botschaften nicht widerlegen lassen (wenn sie angemessen sind jedenfalls), außerdem greifen Sie Ihr Gegenüber nicht an, dadurch kann es offen bleiben, weil es sich nicht verteidigen muss. Und vor allem verletzen Sie die Beziehungsebene nicht, wodurch es einfacher ist, sich den Lösungsoptionen – und die sollen ja erreicht werden – zuzuwenden.

Ist Ihr Verhandlungspartner die fordernde Seite, wird er normalerweise nur mit seiner ursprünglichen Problemlösung in das Gespräch gehen. Stellen Sie Ihre dagegen, und es ist kein direktes Übereinkommen in Sicht, präsentieren Sie nach einer kurzen Phase der Ratlosigkeit Ihre vorbereiteten Alternativen. Stellen Sie dabei mehrere Optionen vor, erhöht sich dadurch die Chance auf ein faires Ergebnis. Wenn beide Seiten ein Interesse an einer einvernehmlichen Lösung haben, wird vermutlich einer Ihrer Kompromisse zum Tragen kommen – zumal Ihr Verhandlungspartner wahrscheinlich keine Gegenvorschläge vorbereitet hat. Meiden Sie jedoch spontan aufkommende Kompromisse, wenn sie schlecht oder das Resultat von Machtgefälle und verdeckten Vorlieben sind. Fassen Sie das erreichte Ergebnis noch einmal klar zusammen, und wenn etwas zu terminieren ist, sollten Sie das auch gleich tun. Sie können das Ergebnis noch zusätzlich in einer bestätigenden E-Mail fixieren und dabei gleich Ihrer Freude über das Vereinbarte Ausdruck verleihen (wenn Sie Grund dazu haben jedenfalls).

Praktische Gesprächstipps, um den Konflikt zu versachlichen

Ein paar hilfreiche Hinweise noch, die eine eher spontane Kommunikation, vor allem im Konfliktgespräch mit Kollegen und Lieferanten betreffen.

  • Bleiben Sie bei dem, was Sie wirklich wissen, und hüten sich vor Vermutungen. Wenn Sie in Ihren Annahmen widerlegt werden, haben Sie insgesamt einen schlechten Stand.
  • Bleiben Sie immer konkret: Die Schilderung belegbarer und terminierter Vorkommnisse erhärtet Ihren Standpunkt, pauschale Verallgemeinerungen schwächen ihn.
  • Bleiben Sie in Ihrer Kritik an der Sache; eine Person als Ganzes zu kritisieren oder gar zu bewerten, ist tabu. Sie wird sich zumachen und ist für eine Lösung nicht mehr erreichbar.
  • Spielen Sie die »Hierarchiekarte« nur aus, wenn es unumgänglich ist. Sprechen Sie also zuerst mit dem Verursacher eines Problems, denn er weiß oft besser als sein Vorgesetzter, wie es nachträglich noch zu beheben ist. Und der Chef muss nun wirklich nicht von allem Kenntnis erlangen.
  • Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Sie etwas richtig verstanden haben, paraphrasieren Sie, indem Sie das von Ihnen Verstandene mit eigenen Worten wiederholen.
  • Verlieren Sie nicht den roten Faden, denn Konflikte können schnell auf Nebenschauplätze ausweichen.
  • Und leider muss man auch das erwähnen: Nicht jedermann will eine einvernehmliche Lösung herbeiführen und weicht allen Konfliktgesprächen aus. Und nicht jeder Konflikt ist lösbar, dann trennen sich eben die Wege.

Autor: Andreas Maxbauer