Wie ein Diamant entsteht

Das Modell einer Projektpyramide hilft, dem eigenen Arbeitsstil und seine wirtschaftlichen Auswirkungen zu verstehen und zur eigenen Positionierung zu nutzen.

Und warum es nicht funktioniert, dauerhaft gut, günstig und schnell zu arbeiten.

Wenn wir vor Unübersichtlichem stehen, suchen wir zuerst nach einer Struktur, um das Chaos zu überschauen. Wir suchen oder entwickeln dann Modelle, die uns helfen sollen, auf den wesentlichen Kern zu stoßen. Dabei haben Modelle in der Regel die Eigenschaft, Situationen zu vereinfachen, indem sie außer dem Kern alles komplett ausblenden. Die Wirklichkeit wird dadurch zwar nicht widergespiegelt, dennoch dienen uns Modelle dabei, uns die wesentlichen Kernpunkte und Fragen vor Augen zu führen. Im Idealfall können wir die Modelle unseren jeweiligen Bedürfnissen anpassen, um unsere eigenen Antworten zu finden.

Projektpyramide

Ein schönes Beispiel dafür ist die Projektpyramide, wobei es wegen der anschaulichen Grundform zahllose unterschiedliche Projektpyramiden gibt (Die meisten sind zwar keine Pyramiden sondern gleichseitige Dreiecke, aber sei’s drum.).

Wer ein Projekt in Angriff nimmt …

… tut gut daran, sich vorher über die angestrebte Qualität im Klaren sein: »Was ist ein gutes Ergebnis und wie soll es aussehen?« Denn von den Antworten darauf hängen der zu investierende Aufwand und die benötigten Ressourcen ab: »Welche Kosten (Finanzmittel, Personalkapazitäten etc.) und welcher Zeitaufwand werden benötigt, um das Ziel zu erreichen?«

Qualität, Kosten und Zeit

Bei der Projektpyramide wird eine ideale Projektdurchführung als gleichmäßiges Dreieck dargestellt, dessen drei Spitzen die Qualität, die Kosten und die Zeit symbolisieren. Wird an einem dieser Eckwerte etwas verändert, ändert sich automatisch die Form des Dreiecks, es wird ungleichmäßig. Dabei werden die Schwachstellen in der Projektdurchführung sofort und deutlich sichtbar. Da Modelle nicht die Wirklichkeit selbst abbilden, wird es in der Realität wohl deutlich mehr unförmige als gleichmäßige Dreiecke geben, aber das steht auf einem anderen Blatt.

In der Übertragung auf unsere Designertätigkeit kann die Projektpyramide bestimmt durch eigene Ansprüche und dem persönlichen Arbeitsstil zusätzlich der eigenen Positionierung dienen. Da die Werte Qualität, Kosten und Zeit immer relevant sind, bleiben sie als Eckwerte stehen und werden anschaulicher »gut«, »günstig« und »schnell« genannt.

Ausgehend von den Kapazitäten der meistens alleine oder in kleinen Teams arbeitenden Designer, sind die Ressourcen eher begrenzt. Wir können nicht unendlich Arbeitszeit und Kosten in einzelne Aufträge stecken, sondern müssen so haushalten, dass ein angemessener Einsatz zu einem guten Ergebnis führt. Und hier kommt unser persönlicher Arbeitsstil ins Spiel, wobei die folgenden Ausführungen eher grundsätzlich zu verstehen sind, sie können bei einzelnen Projekten durchaus und bewusst abweichen.

Wenn ich grundsätzlich schnell arbeite …

… wird das Ergebnis gut oder günstig, beides zusammen wird auf Dauer nicht leistbar sein. Entscheide ich mich also wegen der knappen Zeit für die günstige Variante, werde ich vermutlich weniger Arbeit investieren, was zulasten der Qualität geht. Dass binnen kurzer Zeit ein besonders gutes Ergebnis entsteht, ist ein bloßer Wunschtraum, und nicht wenige Kollegen arbeiten nach der Devise, dass »Diamanten nur durch Druck und Hitze entstehen«. Die Folge davon ist jedoch, dass andere Aufträge zurückstellt werden müssen, und das ist nicht ganz billig.

Arbeite ich hingegen dauerhaft günstig …

muss ich entweder bei der Qualität oder bei der Geschwindigkeit Abstriche machen. Das tritt zum Beispiel oft bei Low-Budget-Kunden auf, die entweder länger auf ein gutes Ergebnis warten müssen oder kein herausragendes Design erhalten werden. Das ist die problematischste Variante, weil entweder der wartende Kunde oder aber der Designer unzufrieden sein wird, schon weil er weiß, dass er unter seinen Fähigkeiten bleibt.

Soll eine Arbeit immerzu gut sein …

… muss ich mich entscheiden, ob ich wegen des höheren Aufwandes mehr Zeit benötige, oder ob der Kunde wegen eines höheren Zeitdrucks mehr zahlen muss, weil ich andere Aufträge nicht parallel bearbeiten kann. Das ist natürlich das hehre Ziel, das wir alle anstreben: in großzügiger Zeit etwas Großartiges gestalten, das dann ordentlich vergütet wird. In diesen Zustand kommt man in der Regel erst mit großer Berufserfahrung, mit umfangreichen Kenntnissen und Fertigkeiten und entsprechender Nachfrage. Und hier zeigt sich deutlich, dass ein Modell eben nur ein Modell ist.

Dennoch zeigen Modelle ja Kernpunkte auf und in unserem Fall heißt das …

… dass ich dauerhaft nur zwei der drei Faktoren in Einklang bringen kann.

Der Versuch, ständig allen drei Werten gleichmäßig gerecht zu werden, wird in eine permanenten Überforderung münden oder zu unwirtschaftlichem Handeln führen.

Jeder von uns kennt seine Vorlieben als Designer, seine Art und Weise zu arbeiten, und sollte das auch in seiner Außendarstellung berücksichtigen. Gehen wir davon aus, dass wir nur zwei der drei Punkte erfüllen können, ist es klug, sich entsprechend deutlich zu positionieren. Dabei kann ich folgende Eigenschaften kombinieren und herausstellen (wobei das, was hier in Klammern steht, natürlich nicht erwähnt wird):

  • hochqualitativ und schnell (also etwas teurer),
  • gut und günstig (aber das dauert dann ein wenig),
  • günstig und schnell (notgedrungen mit leichten Abstrichen in der Qualität).

Andreas Maxbauer

Ein Nachtrag

Auf der Website von Digitalsynopsis werden 27 Plakate zum Designeralltag gezeigt. Gleich das Erste stellt die wirtschaftlichen Auswirkungen der Positionierung hervorragend dar.