Schrecken AGB oder AVG die Kunden ab?

Es gibt einige Mythen um die Auftraggeber von Designern. Einer davon besagt, dass der Kunde von einem Auftrag absähe, wenn dem Angebot eine Seite mit kleingedruckten Allgemeinen Vertragsgrundlagen (AVG), oft auch als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) bekannt, beiliegt.

Es könnte die kürzeste Kolumne aller Zeiten werden: Auch wenn Sie keine AVG haben – haben Sie welche: Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt das für Sie und Ihren Kunden.

Warum dann das Kleingedruckte?

Das BGB regelt alle Vertragsverhältnisse, sei es die Wohnwagenmiete für den Urlaub, den Handschlag-Auftrag mit der Malermeisterin über das Streichen des Wohnzimmers oder eben die Designleistung. Da das BGB alles nur sehr generell und auf das Allernotwendigste beschränkt behandelt, ergänzen und präzisieren Allgemeine Vertragsgrundlagen die vereinbarte Zusammenarbeit. Deswegen gibt es den Mietvertrag für den Wohnwagen nur mit vielen Seiten Kleingedrucktem, die Malermeisterin hat die AGB auf der Rückseite ihres Auftragsformulars drucken lassen und jeder Online-Einkauf geht nur mit dem Häkchen bei »AGB gelesen und akzeptiert«.

AVG ermöglichen es Ihnen, ein übersichtliches Angebot zu erstellen, in dem Sie nur noch die konkreten Leistungen des Auftrags beschreiben. Alles, was Sie im Angebot ausdrücklich formulieren, »überstimmt« dabei das Kleingedruckte im Anhang, Sie brauchen dort also nichts zu ändern, wenn es mal spezielle Kundenwünsche gibt. Die Alternative zum Paket Angebot plus AVG wäre ein ausführlicher Vertrag, der quasi »großgedruckt« genau die Punkte festhält, die in den AVG abgehandelt werden sollten. Welche das sind, dazu gleich mehr.

Aber niemand liest das!

Das stimmt vermutlich für die Mehrzahl der so geschlossenen Verträge. Es ändert aber nichts an der Wirksamkeit des Vertrags. Legen Sie Ihrem Angebot(!) die AVG bei, dann gelten die Bestimmungen darin als von beiden Seiten vereinbart. So schaffen Sie Klarheit für zahlreiche Situationen und Fragen im Laufe des Projekts. Viele Konflikte, zu denen wir am Telefon beraten, wären durch AVG sehr einfach vermeidbar gewesen.

Es reicht nicht aus, das Kleingedruckte ins Netz zu stellen und darauf zu verweisen, fügen Sie es dem PDF bei, das Sie mailen – besser noch schicken Sie beim ersten Angebot alles noch einmal per Post auf Ihrem schönen Briefpapier zum Kunden. Bei späteren Angeboten können Sie auf die »bekannten AVG« verweisen, sie beizufügen ist trotzdem der noch etwas bessere Service. Achten Sie darauf, dass im Angebot der Standard-Satz steht: »Es gelten die beigefügten Allgemeinen Vertragsgrundlagen«.

Wie geht es dem Kunden mit dem Kleingedruckten?

Wie geht es Ihnen damit? Auch Ihre Welt ist voll davon: Softwarelizenzen, Bank-AGB, Beförderungsbedingungen in der Straßenbahn, Nutzungsbedingungen bei Facebook… Ihre Kunden haben – in den allermeisten Fällen jedenfalls – selbst AGB, die sie in ihrem Geschäftsalltag verwenden. Ab und zu werden Sie sogar auf Kunden treffen, die von vornherein Ihre AVG ablehnen und eigene einbringen. Bei den Einkaufsabteilungen von Konzernen oder Verwaltungen ist das so – denn dort wollen sie nicht die juristische Abteilung mit dem Kleingedruckten aus aller Welt beschäftigen.

Das alles heißt: Es ist Alltag für Kunden, AGB und AVG zu akzeptieren.

Was sollte in Designer-AVG geregelt werden?

Einige Stichpunkte zu den wichtigsten Inhalten von AVGs:

  • Der Umgang mit den AGB des Vertragspartners – bestenfalls die eigenen Vereinbarungen als verbindlich erklären, wenn nicht ausdrücklich widersprochen wird. So kommen sich die (meist ungelesenen) Aufhebeparagrafen in verschiedenen AGB nicht in die Quere.
  • Umgang mit sogenannten offenen Daten oder Originalen von manueller/analoger Gestaltung – sie gehören nur dann zum Lieferumfang, wenn entsprechend vereinbart.
  • Vergütung – alle Leistungen sind kostenpflichtig, auch Sonder- oder Mehrleistungen.
  • Umgang mit Verzögerungen durch den Auftraggeber, z.B. in Form einer zusätzlichen Abschlagszahlung.
  • Welche Auswirkung haben Vorschläge des Auftraggebers oder seiner Mitarbeiter/innen auf die Vergütungshöhe – keine.
  • Fälligkeit, Abnahme und Verzug.
  • Die enthaltenen Nutzungsrechte und der Umgang mit ihnen, z.B. wie können sie auf Dritte übertragen werden?
  • Die Namensnennungspflicht.
  • Korrekturen, Produktionsbegleitung, Belegexemplare und die Nutzung des Entwurfs durch den Designer als Referenz
  • Sonderleistungen, Neben- und Reisekosten
  • Haftungsfragen – Haftungsausschluss wo nötig, insbesondere für Leistungen Dritter.
  • Vertragsauflösung, Stornokosten, Gerichtsstand

Wo finden Sie Vertragsgrundlagen?

Never ever bedienen Sie sich bitte an den AGB anderer, die Sie zum Beispiel im Netz finden. Noch gefährlicher wird es, wenn Sie eigenhändig aus verschiedenen Beispielen »das Beste« zusammenkopieren. Das AGB-Recht ist in Deutschland knallhart, denn es muss dafür sorgen, dass in den AVG und AGB keine Betrügereien oder Übervorteilungen enthalten sind. Fehlerhafte Formulierungen und ungültige Klauseln können deswegen von Mitbewerbern oder potentiellen Auftraggebern abgemahnt werden. Außerdem können die gesamten AGB ihre Gültigkeit verlieren.

Die AGD stellt ihren Mitgliedern AVGs für Kommunikations-, Web-, Foto- und Produktdesign als Download zur Verfügung. Wir lassen sie circa alle fünf Jahre auf ihre Aktualität prüfen – der aktuelle Stand ist vom Juni 2016 –, denn Musterverträge und Muster-AVGs entsprechen nur der Rechtssituation zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung. Es ist nicht auszuschließen, dass sie nicht mehr den aktuell gültigen Gesetzen oder Rechtsprechung genügen. Im Zweifelsfall oder wenn Ihr Geschäftsmodell Änderungen an den AGD-AVG erfordert, die über das Eintragen Ihres Namens und des Gerichtsstandes hinausgehen, sollten Sie eine vertragsrechtliche Beratung durch eine Anwaltskanzlei in Anspruch nehmen. Das ist in jedem Fall billiger als eine Abmahnung oder ein Kundenkonflikt, in dem Sie den Kürzeren ziehen könnten.

Weitere AVG für Designer finden Sie auch im Buch »Designers’ Contract« (das aber seit 2014 nur noch gebraucht erworben werden kann) sowie beim BDG gegen eine Gebühr von 24,95 Euro. Mediafon, das Beratungsnetzwerk von ver.di für Selbstständige hat den sehr umfassenden „Ratgeber Selbständige“ herausgebracht (25,00 Euro), der hierzu ebenfalls Material liefert.

»Allgemeine Vertragsgrundlagen ersetzen den ausführlichen Vertrag nicht, regeln aber die wichtigsten Dinge. Schaffen Sie Klarheit: kein Angebot ohne Ihre AVG. Ein Link reicht nicht!«