Diagnose: Mangelnde Gestaltung

Im Wintersemester 2018/19 fand an der Bauhaus-Universität Weimar das studentische Projekt »Ästhetik der heilsamen Orte« statt. Die beteiligten Studenten beschäftigten sich ein Semester lang damit, Ideen, Konzepte und Prototypen zu entwickeln, wie Design dazu beitragen kann, Krankenhäuser und Kliniken zu heilsameren Orten zu machen.

Praktischerweise fiel in diese Zeit der AGD-Workshop »Designmanagement«, an dem der Leiter des studentischen Projektes teilnahm. Freundlicherweise stellte er den Workshopteilnehmern spontan das Projekt für die Entwicklung eines Geschäftsmodells mit Hilfe der Business Model Canvas (BMC) Methode zur Verfügung. Das Ergebnis der zweistündigen Arbeit konnte sich sehen lassen, wurde doch sehr schnell klar, dass es hier um mehr als um Wand- oder Möbelgestaltung geht. (Mehr gibt es im Blog unseres Projektes »Design macht: Business« zu lesen.)

Am 2. Februar fand die Abschlussveranstaltung zum Projekt statt, eine Führung durch die Ausstellung der während des Projekts entstandenen Artefakte und ein Podiumsgespräch »Diagnose: Mangelnde Gestaltung« mit Vertreterinnen aus der Gesundheitswirtschaft und der Designbranche:

  • Yvette Hochheim, Klinikgeschäftsführerin
  • Katharina Pomm, Krankenhausseelsorgerin
  • Victoria Ringleb, Geschäftsführerin der AGD

Moderiert wurde das Podiumsgespräch von Gabriel Dörner, Projektleiter der »Ästhetik der heilsamen Orte«. Der eingeladene Vertreter aus dem Thüringer Gesundheitsministerium musste krankheitsbedingt (sic!) absagen.

Design ist Teil der Lösung

Nach einer anfänglichen Einordnung des Gesundheitswesens zwischen hoheitlicher Fürsorge und marktwirtschaftlichen Anforderungen in einer zum Teil leidenschaftlich geführten Diskussion entspann sich ein lebendiges, inspirierendes Gespräch zwischen Podiumsteilnehmern, Gästen und Zuschauern des Instagram-Livestreams über zwei Fragen:

  • Welchen Beitrag kann Design, können Designer leisten, Kliniken zu heilsameren Orten zu machen?
  • Welche Aufgaben müssen sie dabei übernehmen?

Dabei wurde allen Beteiligten deutlich, dass es den dialogischen, partizipativen Prozess mit den Kliniken braucht. Verortet irgendwo an der Schnittstelle zwischen staatlicher Fürsorge und sozialer Marktwirtschaft folgen sie ganz eigenen Logiken und Prozessen, die es zu berücksichtigen gilt. Das heißt, der Auftraggeber muss in einer Weise am Entwicklungsprozess beteiligt sein, dass die Gefahr, Nicht-Umsetzbares zu entwerfen, so klein wie möglich ist. Designer sind hier, und das haben die Studenten gut und richtig erkannt, Moderatoren und Berater.

Mehr als Interior Design

Genauso deutlich wurde, dass Designer mit mehr als dem Entwerfen von Klinikmöbeln oder Wandgestaltung Teil er Lösung sind. Einen gewissen AHA-Effekt löste die Erkenntnis aus, dass Designer zum Beispiel bei der Personalgewinnung – Kliniken leiden in besonderer Weise unter Fachkräftemangel und Landflucht – eine wichtige Rolle spielen können, indem sie Social-Media-Kampagnen zur Gewinnung von Auszubildenden entwerfen und umsetzen.

Heilsame Ausstellung

Eine begleitende Ausstellung zeigte, mit welchen Leistungen die Studenten der Bauhaus-Universität Weimar die Kliniken zu heilsameren Orten machen wollen. Wir haben schon bemerkt, dass es sich dabei dann doch vielfach um interior design handelte. Ein Projekt jedoch hat uns beeindruckt: Eine Klinik braucht einen (neuen) Pausenraum für das Pflegepersonal. Die Studentin, die sich darum kümmern möchte, hat nach eigenen Recherchen im Rahmen eines Praktikums als Pflegehilfe zunächst ein sehr einfaches Modell entwickelt und dies zusammen mit zentralen Thesen und Fragen dem Publikum präsentiert. Es wurde fleißig diskutiert und geschrieben. Dabei spannten wir den Bogen von Personalfragen bis hin zur Frage, wie viele Knöpfe zum Rufen der Pflegekräfte es am Patientenbett geben sollte. Einen für alle Anliegen, wie es momentan der Fall ist, oder mehrere, aus denen je nach Anliegen gewählt werden kann.

Fazit

Uns hat das Projekt gut gefallen, wir waren froh, Teil dessen zu sein, und es bleibt spannend, weil sich beide Bereiche, Gesundheitswesen und Designbranche, in den kommenden Jahren signifikant ändern werden … mit großem Potential für gelungene Kooperationen, wie wir meinen.

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